
Solarstrom im Haus oder an Nachbarn zu verkaufen, ist weniger eine technische Hürde als vielmehr die Gründung einer gemeinschaftlichen Energie-Kooperation.
- Der Erfolg hängt von der Wahl des passenden rechtlichen Modells ab, das den bürokratischen Aufwand minimiert (z. B. Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung vs. Mieterstrommodell).
- Ein finanzamtkonformes Zählerkonzept, idealerweise ein virtueller Summenzähler, ist entscheidend, um hohe Zusatzkosten und rechtliche Probleme zu vermeiden.
Empfehlung: Beginnen Sie mit der einfachsten rechtlichen Form, die für Ihre Situation passt (z. B. bilaterale Verträge bei wenigen Nachbarn), bevor Sie komplexe Modelle mit hohem Verwaltungsaufwand in Betracht ziehen.
Das Dach ist voller Solarpaneele, die Sonne scheint – doch der Strom fließt ungenutzt ins Netz, während die Nachbarn im selben Haus oder nebenan teuren Netzstrom beziehen. Diese Situation ist für viele Eigentümer und Vermieter frustrierend. Der Wunsch, den lokal und günstig produzierten Solarstrom direkt an Mieter oder Nachbarn weiterzugeben, ist groß. Doch die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland, allen voran das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), wirken oft wie ein undurchdringlicher Dschungel aus Vorschriften, Meldepflichten und technischen Anforderungen.
Viele Ratgeber konzentrieren sich auf die komplizierten Details des Mieterstromzuschlags oder die Tücken der Direktvermarktung. Sie listen Regeln auf, ohne eine klare Strategie zu vermitteln. Doch was wäre, wenn die eigentliche Lösung nicht darin liegt, jede einzelne Vorschrift auswendig zu lernen, sondern den gesamten Prozess aus einer anderen Perspektive zu betrachten? Was, wenn der Schlüssel zum Erfolg darin liegt, das Projekt nicht als reinen Stromverkauf, sondern als die Gründung einer lokalen Energiegemeinschaft zu verstehen? Dieser Ansatz verändert alles: Statt sich auf bürokratische Hürden zu fokussieren, konzentrieren wir uns auf das Ziel – eine faire, effiziente und profitable Energieverteilung für alle Beteiligten.
Dieser Artikel führt Sie durch die entscheidenden strategischen Weichenstellungen. Wir betrachten nicht nur die Paragrafen, sondern die praktischen Konsequenzen Ihrer Entscheidungen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie das passende Kooperationsmodell für Ihre Gemeinschaft finden, teure Fehler bei der Zählerwahl vermeiden und Ihre Anlage so ausrichten, dass der gemeinschaftliche Nutzen maximiert wird. Es geht darum, eine funktionierende Energiegemeinschaft aufzubauen, die rechtlich sauber und für alle ein Gewinn ist.
Um Ihnen einen klaren Weg durch die verschiedenen Aspekte des Themas zu weisen, haben wir diesen Leitfaden in übersichtliche Kapitel gegliedert. Jedes Kapitel widmet sich einer zentralen Frage auf Ihrem Weg zur eigenen Energiegemeinschaft.
Inhaltsverzeichnis: Solarstrom legal an Mieter und Nachbarn verkaufen
- Warum das „Mieterstromzuschlag“-Gesetz so kompliziert ist und wie Sie es meistern?
- Wie gründen Sie mit der Nachbarschaft ein lokales Energienetz?
- Volleinspeisung oder Direktvermarktung: Was lohnt sich bei großen Dachanlagen mehr?
- Die Gefahr falscher Zählerkonzepte, die das Finanzamt auf den Plan rufen
- Wie funktioniert ein virtueller Summenzähler, um den Strom im Haus virtuell zu verteilen?
- Inselbetrieb oder Netzeinspeisung: Was ist rechtlich in Deutschland überhaupt erlaubt?
- Was bedeutet die De-minimis-Grenze für Unternehmen und Vermieter bei Förderungen?
- Warum ein Ost-West-Dach für den Eigenverbrauch besser ist als reine Südausrichtung?
Warum das „Mieterstromzuschlag“-Gesetz so kompliziert ist und wie Sie es meistern?
Das Mieterstrommodell ist auf den ersten Blick attraktiv: Sie verkaufen Ihren Solarstrom an die Mieter im selben Gebäude und erhalten dafür einen staatlichen Zuschlag. Ziel ist es, die Energiewende in die Städte zu bringen. Die Komplexität entsteht jedoch durch die strengen Vorgaben, die Sie in die Rolle eines Energieversorgers drängen. Sie müssen nicht nur die PV-Anlage betreiben, sondern auch Verträge abschließen, den Strom messen, abrechnen und die Reststromversorgung sicherstellen. Der Gesetzgeber will damit die Rechte der Mieter schützen, schafft aber gleichzeitig hohe bürokratische Hürden für Vermieter.
Der entscheidende Punkt ist die Abwägung zwischen dem finanziellen Vorteil des Zuschlags und dem administrativen Aufwand. Die aktuellen Fördersätze sind klar definiert. So gibt es laut den aktuellen Fördersätzen der Bundesnetzagentur beispielsweise 2,59 Cent/kWh für Anlagen bis 10 kWp. Dieser Zuschlag soll den Mehraufwand kompensieren. Eine Beispielrechnung zeigt, dass sich eine Investition in eine 20-kWp-Anlage auf einem Mehrfamilienhaus durch den Zuschlag und Stromverkauf bereits nach 8-10 Jahren amortisieren kann. Der Preis für den Mieterstrom ist dabei gesetzlich gedeckelt und darf 90 % des örtlichen Grundversorgungstarifs nicht übersteigen, was Fairness gewährleistet.
Um das Modell erfolgreich zu meistern, ist ein strukturiertes Vorgehen unerlässlich. Der Prozess von der Registrierung bis zur Abrechnung erfordert Sorgfalt, ist aber mit der richtigen Anleitung machbar. Es geht darum, die Anforderungen als Checkliste zu verstehen und systematisch abzuarbeiten, anstatt sich von der Komplexität abschrecken zu lassen.
Ihr Fahrplan zur Beantragung des Mieterstromzuschlags:
- Registrierung und Meldung: Registrieren Sie Ihre PV-Anlage bei der Bundesnetzagentur und tragen Sie diese im Marktstammdatenregister ein.
- Fördervoraussetzungen prüfen: Stellen Sie sicher, dass die Anlage auf, an oder in unmittelbarer Nähe eines Wohngebäudes installiert ist. Seit Mai 2024 sind auch gewerbliche Gebäude förderfähig.
- Verträge mit Mietern abschließen: Schließen Sie einen Mieterstromvertrag ab. Beachten Sie die Preisobergrenze von 90 % des Grundversorgungstarifs.
- Messkonzept erstellen: Entscheiden Sie sich für ein geeignetes Messkonzept, wie die Kaskadenmessung oder ein (virtuelles) Summenzählermodell.
- Anmeldung und Beantragung: Melden Sie Ihr Vorhaben beim zuständigen Netzbetreiber an und beantragen Sie den Mieterstromzuschlag.
Letztendlich ist die Entscheidung für das Mieterstrommodell eine unternehmerische. Sie sollten den Aufwand nicht unterschätzen, aber auch das finanzielle und ökologische Potenzial erkennen, das in der direkten Versorgung Ihrer Mieter mit sauberem Strom liegt.
Wie gründen Sie mit der Nachbarschaft ein lokales Energienetz?
Ein lokales Energienetz mit den Nachbarn zu gründen, bedeutet, eine Form der Zusammenarbeit zu finden, die für alle Beteiligten passt. Es geht nicht immer um das komplexe Mieterstrommodell mit Zuschlag. Oft sind einfachere, pragmatischere Lösungen sinnvoller, um den Aufwand gering zu halten. Die Wahl des richtigen Kooperationsmodells ist der entscheidende erste Schritt zur erfolgreichen Energiegemeinschaft. Die rechtlichen Möglichkeiten reichen von einfachen bilateralen Verträgen bis zur Gründung einer formellen Gesellschaft.
Für kleine Gemeinschaften, etwa zwischen zwei oder drei benachbarten Einfamilienhäusern, ist der bilaterale Stromliefervertrag oft die einfachste Lösung. Hierbei verkauft ein Anlagenbetreiber den überschüssigen Strom direkt an den Nachbarn. Dieses Modell erfordert in der Regel keine Gewerbeanmeldung und kommt ohne die Bürokratie des Mieterstromgesetzes aus, verzichtet aber auch auf dessen Förderung. Seit 2024 gibt es zudem die „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“, die speziell für Mehrfamilienhäuser konzipiert wurde. Sie vereinfacht die gemeinsame Nutzung des Solarstroms erheblich, da der Anlagenbetreiber nicht mehr zum vollwertigen Energieversorger wird. Auch hier gibt es keinen Mieterstromzuschlag, aber der bürokratische Aufwand ist minimal.
Für größere Projekte oder ganze Quartiere kann die Gründung einer Bürgerenergiegesellschaft (BEG), oft in Form einer Genossenschaft (eG) oder GmbH & Co. KG, der richtige Weg sein. Dieses Modell bündelt die Interessen vieler Mitglieder, ermöglicht größere Investitionen und profitiert von steuerlichen Vorteilen. Der Verwaltungsaufwand ist jedoch hoch und lohnt sich meist erst ab einer signifikanten Größe. Oft wird hier mit professionellen Partnern zusammengearbeitet, wie ein Projekt in München zeigt. Wie die NATURSTROM AG in ihrem Mieterstromprojekt im Domagkpark beschreibt, kann die Kooperation mit einem erfahrenen Öko-Energieversorger die Komplexität für die Gemeinschaft erheblich reduzieren:
Die in den Häusern zu verbrauchenden Strommengen verkauft die BENG an NATURSTROM. Der Öko-Energieversorger und Mieterstromspezialist veredelt den Solarstrom zusammen mit Ökostrom aus dem Netz zu einem sauberen, sicheren und günstigen Mieterstromprodukt.
– NATURSTROM AG, Mieterstromprojekt Domagkpark München
Die verschiedenen Modelle bieten unterschiedliche Grade an Komplexität und Vorteilen. Eine sorgfältige Abwägung ist entscheidend, um das passende Modell für die eigene Energiegemeinschaft zu finden.
Der folgende Überblick zeigt die wichtigsten Kooperationsmodelle im Vergleich, wie sie auch von führenden Energieportalen analysiert werden.
| Modell | Vorteile | Nachteile | Geeignet für |
|---|---|---|---|
| Bilateraler Stromliefervertrag | Einfach, keine Gewerbeanmeldung | Kein Mieterstromzuschlag | 2-3 Nachbarn |
| Bürgerenergiegesellschaft (BEG) | Steuervorteile, Förderungen | Hoher Verwaltungsaufwand | Ab 7 Mitgliedern |
| Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung | Wenig Bürokratie seit 2024 | Kein Mieterstromzuschlag | Mehrfamilienhäuser |
Die Gründung eines lokalen Energienetzes ist also vor allem eine Frage der Organisation und der passenden rechtlichen Struktur. Die gute Nachricht ist, dass der Gesetzgeber mit der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung eine sehr praxisnahe und bürokratiearme Option geschaffen hat.
Volleinspeisung oder Direktvermarktung: Was lohnt sich bei großen Dachanlagen mehr?
Für Betreiber größerer Solaranlagen, etwa auf Mehrfamilienhäusern oder Gewerbeimmobilien, stellt sich eine zentrale strategische Frage: Den gesamten erzeugten Strom ins Netz einspeisen (Volleinspeisung) und eine feste Vergütung erhalten, oder den Strom aktiv am Markt verkaufen (Direktvermarktung)? Die Antwort hängt stark von der Anlagengröße und der eigenen Risikobereitschaft ab. Die Direktvermarktung bietet potenziell höhere Erlöse, ist aber auch mit mehr Aufwand und Kosten verbunden.
Die gesetzlichen Regelungen setzen hier klare Grenzen. Die wichtigste Schwelle liegt bei 100 kWp. Laut den aktuellen EEG-Regelungen 2024 besteht ab einer Anlagengröße von 100 kWp eine Pflicht zur Direktvermarktung. Unterhalb dieser Grenze haben Anlagenbetreiber die Wahl. Bei der Volleinspeisung erhalten Sie eine feste, über 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung vom Netzbetreiber. Dies bietet maximale Planungssicherheit bei minimalem Aufwand. Die Direktvermarktung hingegen bedeutet, den Strom über einen spezialisierten Dienstleister (den Direktvermarkter) an der Strombörse zu verkaufen. Die Erlöse schwanken mit dem Marktpreis, können aber insbesondere bei hohen Börsenstrompreisen die feste Einspeisevergütung deutlich übersteigen.

Der potenzielle Mehrerlös der Direktvermarktung hat jedoch seinen Preis. Es fallen zusätzliche Kosten an, die die Rendite schmälern können. Dazu gehören die Gebühren des Direktvermarkters, Kosten für die Erstellung von Erzeugungsprognosen und die technische Anforderung der Fernsteuerbarkeit der Anlage. Weicht die tatsächliche Einspeisung von der Prognose ab, können sogar Strafzahlungen (Pönalen) fällig werden. Experten schätzen, dass diese versteckten Kosten je nach Anlagengröße 2-5 % der Gesamterlöse ausmachen können. Die Entscheidung für die Direktvermarktung ist somit auch eine unternehmerische Wette auf steigende Strompreise.
Für viele Eigentümergemeinschaften und Vermieter unter der 100-kWp-Schwelle, die den administrativen Aufwand scheuen, bleibt die Kombination aus Eigenverbrauch (z. B. über Mieterstrom) und der Einspeisung des Überschusses über die garantierte Vergütung oft das wirtschaftlich sinnvollste und vor allem sicherste Modell.
Die Gefahr falscher Zählerkonzepte, die das Finanzamt auf den Plan rufen
Ein oft unterschätzter, aber kritischer Punkt bei der gemeinsamen Nutzung von Solarstrom ist das Mess- und Zählerkonzept. Ein falsches Konzept kann nicht nur zu ungenauen Abrechnungen führen, sondern auch teure Nachforderungen vom Netzbetreiber und ernsthafte Probleme mit dem Finanzamt nach sich ziehen. Das Finanzamt fordert eine exakte, drittverbrauchsfreie Messung, um sicherzustellen, dass Stromflüsse korrekt zugeordnet und versteuert werden. Werden hier Fehler gemacht, kann die gesamte Wirtschaftlichkeit des Projekts gefährdet sein.
Grundsätzlich stehen sich zwei Hauptmodelle gegenüber: die Kaskadenmessung und das Summenzählermodell. Die Kaskadenmessung ist technisch einfacher und günstiger in der Installation. Dabei werden mehrere Zähler hintereinander geschaltet. Der Verbrauch jeder Partei wird einzeln erfasst und vom Gesamtertrag der PV-Anlage abgezogen. Die Herausforderung liegt in der bilanziellen Komplexität, die fehleranfällig sein kann. Das Summenzählermodell ist die robustere, aber auch teurere Variante. Hier misst ein zentraler Zähler am Netzverknüpfungspunkt den gesamten Stromfluss (Erzeugung und Bezug). Unterzähler erfassen den Verbrauch der einzelnen Parteien. Die Differenz wird dann auf die Verbraucher aufgeteilt. Diese Methode gilt als finanzamtkonform, da sie eine saubere Trennung der Stromflüsse gewährleistet.
Die Mehrkosten für ein physisches Summenzählermodell sind erheblich. Es können bei PV-Anlagen auf Mehrfamilienhäusern durch physische Summenzähler schnell Kosten von 8.000 bis 10.000 € pro Netzanschluss entstehen, was rund 20 % der Gesamtinvestition ausmachen kann. Dies liegt an der aufwendigen Neuverkabelung, die oft im gesamten Gebäude notwendig wird. Diese hohen Kosten haben in der Vergangenheit viele Mieterstromprojekte unrentabel gemacht.
Die folgende Tabelle verdeutlicht die zentralen Unterschiede zwischen den beiden klassischen Messkonzepten:
| Aspekt | Kaskadenmessung | Summenzählermodell |
|---|---|---|
| Kosten | Niedrig (ca. 2.000€) | Hoch (8.000-10.000€) |
| Komplexität | Einfach | Komplex |
| Genauigkeit | Gut | Sehr gut |
| Finanzamtkonformität | Mittel | Hoch |
Glücklicherweise gibt es mit dem virtuellen Summenzähler eine moderne Alternative, die die Vorteile des Summenzählermodells ohne die hohen Kosten und den baulichen Aufwand bietet. Die Investition in ein sauberes Messkonzept ist keine lästige Pflicht, sondern eine Versicherung für den langfristigen Erfolg Ihrer Energiegemeinschaft.
Wie funktioniert ein virtueller Summenzähler, um den Strom im Haus virtuell zu verteilen?
Der virtuelle Summenzähler ist eine der wichtigsten Innovationen für Energiegemeinschaften in den letzten Jahren. Er löst das zentrale Problem der teuren und aufwendigen Neuverkabelung, die bei physischen Summenzählern oft notwendig ist. Anstatt die Stromflüsse physisch über einen zentralen Punkt zu leiten, werden die Daten von intelligenten Messsystemen (iMSys) bei jeder Partei digital erfasst und in einer zentralen Software verrechnet. So wird der erzeugte Solarstrom rein bilanziell und virtuell auf die einzelnen Verbraucher im Haus verteilt.
Die Funktionsweise ist elegant: Intelligente Zähler an jedem Anschlusspunkt (bei den Mietern, für die Allgemeinflächen, an der PV-Anlage) messen die Verbräuche und die Erzeugung in 15-Minuten-Intervallen. Eine Softwareplattform sammelt diese Daten und ermittelt, wie viel Solarstrom jede Partei im jeweiligen Zeitfenster direkt verbraucht hat. Nur der Strom, der von keiner Partei im Haus genutzt werden kann, wird ins Netz eingespeist. Ebenso wird nur der Strom aus dem Netz bezogen, der zur Deckung des Gesamtbedarfs tatsächlich fehlt. Dieses Vorgehen ist nicht nur äußerst präzise, sondern auch vom Gesetzgeber anerkannt und finanzamtkonform.
Die Umsetzung erfordert allerdings einige technische und administrative Voraussetzungen. Alle beteiligten Zählpunkte müssen mit intelligenten Messsystemen ausgestattet sein, die eine Viertelstunden-scharfe Erfassung ermöglichen. Der zuständige Messstellenbetreiber muss das Modell unterstützen und die Daten bereitstellen. Eine enge Abstimmung mit dem lokalen Netzbetreiber ist ebenfalls zwingend erforderlich. Ein erfolgreiches Pilotprojekt in Berlin unterstreicht die Praxistauglichkeit. Dort konnten seit Mai 2024 die ersten Mieterstromprojekte mit virtuellem Summenzähler umgesetzt werden, bei denen 25 Mietparteien mit günstigem PV-Strom beliefert werden – ohne aufwendige Umbauten im Gebäude. Dies zeigt, dass die Technologie reif für den breiten Einsatz ist.
Die wichtigsten technischen Voraussetzungen für den Einsatz virtueller Summenzähler sind:
- Alle Zählpunkte müssen mit intelligenten Messsystemen (iMSys) ausgestattet sein.
- Eine 15-minütige Erfassung und Bilanzierung der Stromflüsse ist erforderlich.
- Der Messstellenbetreiber muss das virtuelle Summenzählermodell technisch unterstützen.
- Eine enge Abstimmung mit dem lokalen Netzbetreiber ist zwingend notwendig.
- Eine Software zur Aggregation und Bilanzierung der Messwerte muss implementiert werden.
Der virtuelle Summenzähler ist damit mehr als nur eine technische Spielerei; er ist ein Wegbereiter für eine breite Akzeptanz von Mieterstrom und gemeinschaftlicher Gebäudeversorgung, da er die größte Investitionshürde beseitigt.
Inselbetrieb oder Netzeinspeisung: Was ist rechtlich in Deutschland überhaupt erlaubt?
Die Idee, sich mit einer Solaranlage komplett vom öffentlichen Stromnetz abzukoppeln und völlig autark zu sein (Inselbetrieb), ist für viele verlockend. In der Praxis ist eine echte, 100-prozentige Inselanlage in Deutschland jedoch rechtlich und technisch eine große Herausforderung und für die meisten Wohngebäude nicht die empfohlene Lösung. Der Gesetzgeber sieht den Standardfall in der netzgekoppelten Anlage, die sowohl Strom verbrauchen und erzeugen als auch mit dem öffentlichen Netz interagieren kann. Dies gewährleistet die Versorgungssicherheit zu jeder Zeit.
Eine echte Inselanlage hat keinerlei physische Verbindung zum öffentlichen Stromnetz. Dies bedeutet, dass Sie zu jeder Sekunde des Jahres – auch nachts oder an dunklen Wintertagen – Ihren gesamten Strombedarf selbst decken müssen. Dies erfordert nicht nur eine sehr große PV-Anlage, sondern auch einen überdimensionalen Batteriespeicher, was die Kosten in die Höhe treibt. Laut der VDE-Norm AR-N 4105, die für netzgekoppelte Anlagen gilt, unterliegt eine solche autarke Anlage zudem hohen Hürden bei Genehmigungen und oft auch beim Versicherungsschutz. Für Gebäude, in denen Menschen leben und auf eine zuverlässige Stromversorgung angewiesen sind, ist dieses Risiko kaum vertretbar.

Die mit Abstand gängigste und rechtlich unkomplizierteste Lösung ist daher die netzparallele Anlage mit Eigenverbrauch und Netzeinspeisung. Hier nutzen Sie den Solarstrom primär für den eigenen Bedarf oder den Ihrer Energiegemeinschaft. Ein Batteriespeicher kann den Eigenverbrauchsanteil deutlich erhöhen, indem er tagsüber erzeugten Strom für die Abend- und Nachtstunden speichert. Das Einsparpotenzial durch Eigenverbrauch mit Speicher ist enorm: Während selbst erzeugter PV-Strom etwa 10 Cent/kWh kostet, liegt der Preis für Netzstrom bei ca. 32 Cent/kWh. Überschüssiger Strom, der weder direkt verbraucht noch gespeichert werden kann, wird ins Netz eingespeist und vergütet. Fällt die eigene Erzeugung aus, springt nahtlos das öffentliche Netz ein. Dieses Modell bietet das Beste aus beiden Welten: hohe Autarkiegrade und maximale Versorgungssicherheit.
Für Vermieter und Eigentümergemeinschaften ist der Fokus auf die Maximierung des Eigenverbrauchs innerhalb einer netzgekoppelten Anlage der sicherste und wirtschaftlichste Weg. Der Traum von der totalen Autarkie weicht hier der pragmatischen Realität einer intelligenten und sicheren Energieversorgung.
Was bedeutet die De-minimis-Grenze für Unternehmen und Vermieter bei Förderungen?
Die „De-minimis“-Regel ist ein Begriff aus dem EU-Beihilferecht, der für Vermieter und Unternehmen, die Förderungen für ihre Solarprojekte beantragen, von großer Bedeutung ist. Vereinfacht gesagt, legt diese Regel einen Schwellenwert fest, bis zu dem staatliche Beihilfen als so geringfügig („de minimis“) angesehen werden, dass sie den Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt nicht verzerren und daher ohne aufwendiges Genehmigungsverfahren durch die EU-Kommission gewährt werden dürfen. Für Betreiber von Mieterstromanlagen ist diese Grenze relevant, da der Mieterstromzuschlag als De-minimis-Beihilfe gilt.
Die gute Nachricht für alle, die jetzt planen: Die Obergrenze wurde deutlich angehoben. Seit 2024 gilt eine neue De-minimis-Obergrenze für Förderungen von 300.000 € (zuvor 200.000 €). Das bedeutet, ein einzelnes Unternehmen (dazu zählt auch ein Vermieter) darf innerhalb von drei Steuerjahren nicht mehr als 300.000 € an De-minimis-Beihilfen erhalten. Für die meisten Mieterstromprojekte auf einzelnen Wohngebäuden ist diese Summe kaum zu erreichen. Relevant wird sie jedoch für Immobilienunternehmen mit einem großen Portfolio, die mehrere Projekte gleichzeitig umsetzen wollen.
Eine strategische Planung der Förderanträge ist daher unerlässlich. Es ist wichtig zu wissen, welche Förderungen als De-minimis-Beihilfe zählen und welche nicht. Die klassische EEG-Einspeisevergütung fällt beispielsweise nicht darunter, der Mieterstromzuschlag hingegen schon. Bei der Antragstellung müssen Sie eine Erklärung über bereits erhaltene De-minimis-Beihilfen der letzten drei Jahre abgeben. Falsche Angaben können zur Rückforderung der gesamten Förderung führen. Wer unsicher ist, kann die EU-Transparenzdatenbank nutzen, um bereits registrierte Beihilfen zu prüfen. Ein weiterer wichtiger Punkt für Vermieter ist, dass Einnahmen aus dem Verkauf von Solarstrom unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 20 % der Gesamteinnahmen ausmachen können, ohne dass eine Gewerbesteuerpflicht entsteht, was die Wirtschaftlichkeit weiter verbessert.
Um die De-minimis-Grenze strategisch zu nutzen, sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Verschaffen Sie sich einen Überblick über alle erhaltenen De-minimis-Beihilfen der letzten drei Jahre.
- Berücksichtigen Sie, dass der Mieterstromzuschlag zählt, die EEG-Einspeisevergütung aber nicht.
- Staffeln Sie bei mehreren Immobilienprojekten die Förderanträge zeitlich, um nicht an die Grenze zu stoßen.
- Prüfen Sie die Möglichkeit, bis zu 20 % der Einnahmen aus Mieterstrom gewerbesteuerfrei zu erzielen.
Für die meisten Einzelprojekte stellt die neue 300.000-Euro-Grenze eine erhebliche Erleichterung dar und macht die Sorge vor einer Überschreitung weitgehend unbegründet. Sie ist vielmehr ein Werkzeug für eine langfristige, portfolio-weite Förderstrategie.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Wahl des Kooperationsmodells (z.B. Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung vs. Mieterstrom) ist entscheidender für den Erfolg als die reine Jagd nach Förderungen.
- Ein sauberes, finanzamtkonformes Messkonzept wie der virtuelle Summenzähler ist die beste Versicherung gegen hohe Folgekosten und rechtliche Probleme.
- Für den maximalen gemeinschaftlichen Nutzen ist eine Ost-West-Ausrichtung der PV-Anlage einer reinen Südausrichtung oft überlegen, da sie den Strom gleichmäßiger über den Tag verteilt.
Warum ein Ost-West-Dach für den Eigenverbrauch besser ist als reine Südausrichtung?
Die Annahme, eine Solaranlage müsse für maximalen Ertrag perfekt nach Süden ausgerichtet sein, ist ein hartnäckiger Mythos aus der Zeit der reinen Netzeinspeisung. Damals zählte jede erzeugte Kilowattstunde, die ins Netz floss. Für moderne Energiegemeinschaften, deren Ziel der maximale Eigenverbrauch ist, hat sich das Blatt gewendet. Eine Ost-West-Ausrichtung ist hier oft die deutlich intelligentere und wirtschaftlichere Wahl. Der Grund liegt in der Verteilung der Stromproduktion über den Tag.
Eine Südanlage erzeugt einen Großteil ihres Stroms in einer hohen, spitzen Kurve um die Mittagszeit. In einem typischen Haushalt oder Wohngebäude ist der Stromverbrauch morgens (Frühstück, Home-Office-Start) und am späten Nachmittag/Abend (Heimkehr, Kochen) am höchsten. Die Mittagsspitze der Südanlage trifft also oft auf eine Phase niedrigen Verbrauchs. Die Folge: Ein großer Teil des wertvollen Solarstroms muss für eine vergleichsweise geringe Vergütung ins Netz eingespeist werden, während morgens und abends teurer Netzstrom zugekauft werden muss.

Eine Ost-West-Anlage löst dieses Problem elegant. Die nach Osten ausgerichteten Module beginnen früh am Morgen mit der Stromproduktion und decken den morgendlichen Bedarf. Wenn deren Produktion nachlässt, übernehmen die nach Westen ausgerichteten Module und liefern Strom bis in die Abendstunden. Statt einer hohen Mittagsspitze entsteht eine breite, plateauartige Erzeugungskurve, die viel besser zum Verbrauchsprofil der meisten Gebäude passt. Studien belegen, dass die Eigenverbrauchsquote sich dadurch signifikant erhöht, oft von 30 % bei einer Südanlage auf bis zu 45 % bei einer Ost-West-Anlage, selbst ohne Batteriespeicher.
Dieser Effekt ist besonders wertvoll bei der Direktvermarktung an Nachbarn oder im Mieterstrommodell. Eine gleichmäßigere Stromversorgung über den Tag bietet, wie Experten betonen, „mehr Flexibilität und Potenzial für höhere Erträge“. Sie reduziert die Abhängigkeit vom teuren Netzstrom für alle Beteiligten und stärkt so den Kerngedanken der Energiegemeinschaft. Der etwas geringere Jahresgesamtertrag einer Ost-West-Anlage wird durch den höheren Wert des selbst verbrauchten Stroms mehr als kompensiert.
Die optimale Planung einer PV-Anlage für eine Energiegemeinschaft geht also weit über die reine Maximierung der Peak-Leistung hinaus. Es geht um die intelligente Anpassung der Erzeugung an den tatsächlichen Verbrauch – ein Prinzip, das die Ost-West-Ausrichtung perfekt verkörpert.