Veröffentlicht am Mai 17, 2024

Die wahre Ursache für hohen Heizverbrauch und Kältegefühl im Altbau ist selten ein einziges großes Problem, sondern ein System kleiner, unsichtbarer Lecks, die sich gegenseitig verstärken.

  • Kühle Wandoberflächen und stetige Zugluft senken die „gefühlte Temperatur“ drastisch, auch wenn das Thermometer 22 °C anzeigt.
  • Gezielte, günstige Maßnahmen wie das Abdichten von Keller- und Haustüren haben oft einen größeren Effekt als teure Einzelinvestitionen.

Empfehlung: Konzentrieren Sie sich nicht auf eine teure Komplettsanierung, sondern auf die pragmatische Jagd nach diesen kleinen „Energie-Gespenstern“. Oft reichen Maßnahmen unter 50 €, um den Wohnkomfort spürbar zu steigern und Kosten zu senken.

Sie kennen das Gefühl: Draußen ist es ungemütlich kalt, drinnen läuft die Heizung auf Hochtouren, das Thermometer zeigt behagliche 22 Grad an – und trotzdem haben Sie kalte Füße und das Gefühl, es zieht. Frustriert drehen Sie die Heizung weiter auf, doch der erhoffte Komfort stellt sich nicht ein, stattdessen steigt nur die nächste Heizkostenabrechnung. Viele Eigentümer und Mieter von Altbauten resignieren an diesem Punkt und glauben, die einzige Lösung sei eine umfassende, teure energetische Sanierung mit Fenstertausch und Fassadendämmung, die oft finanziell nicht tragbar ist.

Doch was, wenn das Problem gar nicht die großen, offensichtlichen Bauteile sind? Was, wenn die wahre Ursache für die Unbehaglichkeit in einem Netzwerk kleiner, fast unsichtbarer Schwachstellen liegt? Die entscheidende Erkenntnis ist: Kalte Oberflächen und minimale, aber stetige Luftbewegungen sabotieren unser Wärmeempfinden viel stärker als eine etwas niedrigere Raumlufttemperatur. Anstatt also auf die eine große Lösung zu warten, liegt der Schlüssel in einem pragmatischen Ansatz: der gezielten Jagd auf diese „Energie-Gespenster“, die sich im Verborgenen aufhalten und in Summe einen enormen Effekt haben.

Dieser Artikel bricht mit dem Mythos, dass nur teure Maßnahmen helfen. Er führt Sie systematisch zu den versteckten Energielöchern in Ihrem Zuhause – von der Kellertür über undichte Bodentreppen bis hin zu physikalischen Effekten wie Unterdruck. Sie lernen, wie Sie diese Schwachstellen mit einfachen, kostengünstigen Mitteln selbst identifizieren und beheben können. Es geht darum, mit chirurgischer Präzision dort anzusetzen, wo der größte Hebel für Ihren Komfort und Ihren Geldbeutel liegt, anstatt mit der sprichwörtlichen Kanone auf Spatzen zu schießen.

Für alle, die bereits einen Schritt weiterdenken und sich mit den großen, zukunftsfähigen Heizlösungen für Bestandsgebäude befassen möchten, bietet das folgende Video einen umfassenden Einblick. Es zeigt, welche Möglichkeiten es gibt, selbst einen Altbau effizient und nachhaltig zu beheizen.

Um die Energiefresser in Ihrem Zuhause systematisch aufzuspüren, haben wir diesen Leitfaden in logische Schritte unterteilt. Jeder Abschnitt widmet sich einer spezifischen Schwachstelle und zeigt Ihnen konkrete, praxiserprobte Lösungen auf.

Warum fühlen sich Ihre Füße kalt an, obwohl das Thermometer 22 Grad zeigt?

Dieses Phänomen ist der Kern des Problems in vielen Altbauten und hat einen Namen: die Diskrepanz zwischen Lufttemperatur und gefühlter Temperatur. Unser Körper verliert Wärme nicht nur an die umgebende Luft, sondern vor allem durch Strahlung an kältere Oberflächen. Sind die Wände, der Boden oder die Fenster deutlich kühler als die Raumluft, strahlt unser Körper Wärme an diese Flächen ab, was wir als Kälte oder Zugluft empfinden – selbst wenn die Luft warm ist.

In Altbauten sind ungedämmte Außenwände oder Böden über unbeheizten Kellern klassische Kältequellen. Eine Wärmebildkamera-Untersuchung in einem typischen Altbau offenbarte, dass bei 22 °C Raumluft die Oberflächentemperatur ungedämmter Außenwände nur 14-16 °C betrug. Dieser Temperaturunterschied erzeugt eine ständige, kaum spürbare Luftwalze: Warme Luft steigt an der Heizung auf, kühlt an den kalten Wänden ab, sinkt zu Boden und strömt als kalte Luft über den Fußboden zurück zur Heizung. Das Resultat sind die sprichwörtlich kalten Füße.

Die Identifizierung dieser Schwachstellen ist der erste Schritt zur Besserung. Es geht darum, die unsichtbaren Kaltluftseen und Wärmebrücken sichtbar zu machen. Oft sind es nicht die großen Flächen, sondern kleine, fiese Undichtigkeiten, die den größten Kälteeffekt verursachen. Bevor Sie also über teure Dämmmaßnahmen nachdenken, sollten Sie eine systematische Bestandsaufnahme durchführen.

Ihr Aktionsplan: Kaltluftquellen im Altbau aufspüren

  1. Kerzentest durchführen: Gehen Sie mit einer brennenden Kerze oder einem Rauchstäbchen langsam an Fensterrahmen, Türdichtungen und Rollladenkästen entlang. Eine flackernde oder unruhige Flamme ist ein eindeutiges Zeichen für Zugluft.
  2. Temperaturen messen: Nutzen Sie ein einfaches Infrarot-Thermometer (oft schon für 20-30 € erhältlich), um die Oberflächentemperaturen von Außenwänden, Raumecken und Fensterlaibungen zu messen. Große Abweichungen zur Raumlufttemperatur deuten auf Wärmebrücken hin.
  3. Bodenbereiche prüfen: Legen Sie Ihre Hand flach auf den Boden über einem unbeheizten Keller oder in der Nähe von Balkontüren. Fühlt sich der Bereich deutlich kälter an, ist dies eine relevante Kaltluftquelle.
  4. Schwachstellen dokumentieren: Machen Sie Fotos von den gefundenen Problemzonen und markieren Sie diese auf einem kleinen Grundriss Ihrer Wohnung. Das hilft, den Überblick zu behalten.
  5. Maßnahmen priorisieren: Bewerten Sie die gefundenen Lecks. Eine undichte Kellertür, die permanent kalte Luft ins Treppenhaus drückt, hat oft eine höhere Priorität als ein minimal undichtes Fenster im selten genutzten Gästezimmer.

Wie dichten Sie die Kellertür ab, damit keine kalte Luft ins Treppenhaus zieht?

Die Kellertür ist oft das vergessene Energieloch Nummer eins in einem Mehrfamilien- oder Einfamilienhaus. Während Fenster und Haustüren irgendwann erneuert werden, fristen Kellertüren oft jahrzehntelang ein unbeachtetes Dasein. Dabei fungieren sie als Schleuse für kalte, oft auch feuchte Luft aus dem unbeheizten Keller, die durch den Kamineffekt ins wärmere Treppenhaus und die Wohnungen gesogen wird. Dies führt nicht nur zu einem ungemütlichen Klima im Erdgeschoss, sondern treibt auch die Heizkosten in die Höhe. Angesichts der Tatsache, dass der Gebäudebetrieb laut Umweltbundesamt für rund 35% des Endenergieverbrauchs in Deutschland verantwortlich ist, ist jede eingesparte Kilowattstunde relevant.

Detailaufnahme einer Kellertürabdichtung mit Bürstendichtung und Gummiprofil

Wie die Detailaufnahme zeigt, gibt es verschiedene Systeme, um diesen Kaltluftstrom effektiv zu unterbinden. Die Wahl der richtigen Dichtung hängt von der Beschaffenheit der Tür und des Bodens sowie von der Größe des Spaltes ab. Eine einfache, selbstklebende Schaumstoffdichtung mag eine schnelle Lösung sein, verliert aber schnell an Wirkung und muss häufig erneuert werden. Robuster und langlebiger sind eingefalzte Gummiprofile oder aufgeschraubte Bürstendichtungen.

Für den oft problematischen Spalt am Boden ist eine automatische Absenkdichtung die eleganteste und effektivste Lösung. Sie wird an der Unterkante der Tür montiert oder eingefräst und senkt sich beim Schließen der Tür automatisch ab, um den Spalt komplett zu versiegeln. Alternativ bietet eine einfache Türbodendichtung mit Bürste bereits eine deutliche Verbesserung. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die gängigsten Systeme und ihre Eigenschaften.

Vergleich von Dichtungssystemen für Kellertüren
Dichtungstyp Spaltgröße Kosten Haltbarkeit Montage
Schaumstoffdichtung 3-8 mm 5-10 €/m 2-3 Jahre Selbstklebend, einfach
Gummiprofil 5-15 mm 10-20 €/m 5-8 Jahre Einnut-Montage
Bürstendichtung 10-30 mm 15-30 €/m 8-10 Jahre Verschraubt
Absenkdichtung 5-20 mm 50-100 €/Stück 10-15 Jahre Eingefräst, Profi

Gummi oder Bürste: Was hilft besser gegen Zugluft unter der Haustür?

Die Haustür ist die Visitenkarte des Hauses, aber oft auch eine Hauptquelle für unangenehme Zugluft. Besonders der Spalt zwischen Türblatt und Boden ist eine kritische Schwachstelle. Die Entscheidung zwischen einer Gummidichtung und einer Bürstendichtung ist dabei keine Frage des Geschmacks, sondern eine technische Abwägung, die vom Bodenbelag abhängt.

Eine Gummilippendichtung, oft als Teil einer Absenkdichtung, bietet die höchste Dichtheit. Sie presst sich fest auf den Boden und schafft eine nahezu luftdichte Barriere. Dies funktioniert jedoch nur optimal bei absolut glatten und ebenen Böden wie Fliesen, Vinyl oder perfekt verlegtem Parkett. Kleinste Unebenheiten oder Fugen können die Dichtwirkung bereits beeinträchtigen.

Hier spielt die Bürstendichtung ihre Stärke aus. Ihre flexiblen Borsten können sich an leichte Unebenheiten, wie sie bei alten Dielenböden, Natursteinplatten oder abgenutzten Türschwellen vorkommen, viel besser anpassen. Sie gleicht die Höhenunterschiede aus und reduziert den Luftstrom erheblich, auch wenn sie nie die hundertprozentige Dichtheit einer Gummilippe auf glattem Grund erreicht. Bei sehr großen Spalten von über 20 mm kann auch eine Kombination aus einer starren Schiene mit einer Bürstendichtung die beste Wahl sein.

Ein Sonderfall sind denkmalgeschützte Gebäude, bei denen Eingriffe in die historische Bausubstanz oft nicht erlaubt sind. Hierzu merkt eine Expertin an:

Bei denkmalgeschützten Gebäuden müssen Lösungen gewählt werden, die ohne Substanzeingriff auskommen – aufgesetzte Systeme sind hier die erste Wahl.

– Prof. Dr.-Ing. Frauke Gerder-Rohkamm, Fachhochschule Kiel – Green Building

In solchen Fällen sind aufgeschraubte Bürstendichtungen oder traditionelle, mit Stoff gefüllte Zugluftstopper (Dackel) die pragmatische und reversible Lösung. Ein einfacher Test zur Überprüfung der Dichtheit: Schließen Sie die Tür und versuchen Sie, ein Blatt Papier unter dem Türspalt hindurchzuziehen. Lässt es sich ohne Widerstand bewegen, besteht Handlungsbedarf.

Die Gefahr des Unterdrucks, wenn Sie den Kaminofen und die Dunstabzugshaube gleichzeitig nutzen

In modernen, gut abgedichteten oder teilsanierten Altbauten lauert eine unsichtbare Gefahr, die viele nicht kennen: der lebensgefährliche Unterdruck. Das Problem entsteht durch das Zusammenspiel von zwei Komponenten: einer raumluftabhängigen Feuerstätte (wie ein Kamin- oder Kachelofen) und einer leistungsstarken Abluft-Dunstabzugshaube in der Küche.

Ein Kaminofen entnimmt den für die Verbrennung notwendigen Sauerstoff aus dem Raum. Gleichzeitig saugen moderne Dunstabzugshauben mit bis zu 4000 m³/h Luftabsaugung enorme Luftmengen aus der Wohnung und blasen sie nach draußen. Wenn nun beide Geräte gleichzeitig laufen und nicht genügend Frischluft nachströmen kann (weil die Fenster geschlossen und die Gebäudehülle relativ dicht ist), entsteht ein starker Unterdruck in den Wohnräumen. Dieser Unterdruck ist so stark, dass er die Strömungsrichtung im Schornstein umkehren kann. Anstatt dass die Abgase des Ofens nach draußen ziehen, werden sie zurück in den Wohnraum gesogen. Das Ergebnis: Eine potenziell tödliche Konzentration von geruchlosem Kohlenmonoxid (CO) reichert sich in der Luft an.

Aus diesem Grund ist der gleichzeitige Betrieb beider Geräte ohne eine Sicherheitseinrichtung in Deutschland streng verboten und wird vom Schornsteinfeger bei der regelmäßigen Feuerstättenschau überprüft. Die sicherste und gängigste Lösung ist die Installation eines zertifizierten Fensterkontaktschalters.

Praxisbeispiel: DIBt-zertifizierte Sicherheitslösung

Ein Eigentümer eines sanierten Altbaus stand genau vor diesem Problem. Die Lösung war die Installation eines Fensterkontaktschalters, der nach den Vorgaben des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) zertifiziert ist. Dieses System stellt sicher, dass die Dunstabzugshaube nur dann funktioniert, wenn ein Fenster im Raum geöffnet (meist gekippt) ist. Dadurch wird ein ausreichender Lufteinstrom gewährleistet und die Entstehung eines gefährlichen Unterdrucks verhindert. Die Kosten für Material und Installation beliefen sich auf etwa 150 bis 300 Euro. Der zuständige Schornsteinfeger hat die korrekte Funktion der Anlage bei der nächsten Prüfung abgenommen und die Betriebssicherheit bestätigt.

Wie dämmen Sie die alte Bodentreppe, um den Kamin-Effekt im Haus zu stoppen?

Ein weiteres, oft massiv unterschätztes Energieloch im Altbau ist die ausklappbare Bodentreppe zum unbeheizten Dachboden. Sie ist der Hauptakteur des sogenannten Kamineffekts (oder Stack-Effekts) im Haus: Warme, leichtere Luft steigt in den oberen Stockwerken auf und erzeugt einen leichten Sog. Ist die Bodentreppe undicht, entweicht diese wertvolle Wärme wie durch einen offenen Kamin direkt auf den kalten Dachboden. Gleichzeitig wird durch den entstehenden Unterdruck in den unteren Stockwerken kalte Luft durch undichte Stellen (z.B. an der Kellertür) ins Haus gesogen.

Querschnitt einer ungedämmten Bodentreppe zeigt aufsteigende Warmluft

Die Visualisierung verdeutlicht das Problem: Der Spalt zwischen Lukendeckel und Rahmen ist oft die größte Schwachstelle. Alte Modelle haben meist keinerlei Dichtung, und der Deckel selbst besteht nur aus einer dünnen Holz- oder Spanplatte ohne jegliche Dämmwirkung. Hier eine Dämmung anzubringen, ist eine der kosteneffektivsten Maßnahmen überhaupt, mit einer extrem kurzen Amortisationszeit.

Die einfachste DIY-Lösung besteht darin, selbstklebendes Kompriband (Dichtungsband) in den Rahmen zu kleben und auf die Oberseite des Lukendeckels eine passgenaue Platte aus Dämmmaterial (z.B. Styropor, XPS oder Mineralwolle) aufzukleben und zu befestigen. Für einen etwas höheren Preis gibt es fertige Dämm-Sets, die bereits eine gedämmte Abdeckung für den gesamten Lukenkasten umfassen und so auch die Wärmebrücke des Rahmens minimieren. Die Luxuslösung ist der Austausch der kompletten Treppe gegen ein modernes, hochgedämmtes Modell.

Der Kosten-Nutzen-Vergleich zeigt, dass sich selbst kleinste Investitionen extrem schnell bezahlt machen.

Kosten-Nutzen-Vergleich: Bodentreppendämmung
Maßnahme Kosten U-Wert Jährliche Ersparnis Amortisation
DIY-Dämmung (Mineralwolle + Kompriband) 30-50€ 0,40 W/m²K 50-80€ 0,5-1 Jahr
Dämm-Set für Lukenkasten 80-120€ 0,30 W/m²K 70-100€ 1-1,5 Jahre
Neue gedämmte Bodentreppe 300-600€ 0,14 W/m²K 100-150€ 3-6 Jahre

Wann lohnt sich eine Wärmebildkamera-Untersuchung, um Lecks zu finden?

Die Thermografie, also die Untersuchung eines Gebäudes mit einer Wärmebildkamera, ist ein mächtiges Werkzeug, um unsichtbare Wärmebrücken und Energieverluste sichtbar zu machen. Die bunten Bilder zeigen eindrücklich, wo Wärme entweicht. Doch ist eine solche, oft mehrere hundert Euro teure Untersuchung immer der erste und richtige Schritt? Die pragmatische Antwort lautet: nicht immer.

Eine professionelle Thermografie-Analyse lohnt sich vor allem dann, wenn Sie bereits größere Sanierungsmaßnahmen planen und eine fundierte Grundlage für Entscheidungen benötigen. Sie hilft, die Wirksamkeit von Dämmmaßnahmen zu überprüfen oder versteckte Baumängel wie fehlerhaft eingebaute Fenster aufzudecken. Sie ist auch dann sinnvoll, wenn Sie trotz erster eigener Maßnahmen weiterhin einen unerklärlich hohen Energieverbrauch oder Probleme mit Feuchtigkeit und Schimmel haben, deren Ursache unklar ist.

Für die erste Jagd nach den offensichtlichsten Energielöchern (wie in den vorherigen Abschnitten beschrieben) ist eine teure Analyse jedoch oft übertrieben. Die klassischen Schwachstellen eines Altbaus sind meist bekannt und können mit einfacheren Methoden wie dem Kerzentest oder einem Infrarot-Thermometer gut identifiziert werden. Bevor Sie also einen Energieberater beauftragen, sollten Sie die einfachen Hausaufgaben erledigt haben. Die folgende Checkliste hilft Ihnen bei der Entscheidung.

Checkliste: Brauchen Sie eine professionelle Thermografie?

  1. Haben Sie bereits alle einfachen Tests (Kerze, Rauchstäbchen, Handauflegen) an Fenstern, Türen, Rollladenkästen und Heizkörpernischen durchgeführt?
  2. Liegt Ihr Heizenergieverbrauch deutlich über dem Altbau-Durchschnitt von ca. 150 kWh/m² pro Jahr? (Finden Sie in Ihrer Heizkostenabrechnung).
  3. Planen Sie ohnehin größere Sanierungsmaßnahmen (z. B. Fassade, Dach, Fenster) mit einem Budget von über 10.000 €?
  4. Gibt es an bestimmten Stellen sichtbare Feuchtigkeitsschäden, Stockflecken oder sogar Schimmelbildung, deren Ursache Sie nicht finden können?
  5. Fazit: Wenn Sie mindestens drei dieser Fragen mit „Ja“ beantworten, ist eine professionelle Thermografie-Untersuchung eine sinnvolle Investition.

Sollten Sie sich für eine professionelle Analyse entscheiden, gibt es gute Nachrichten: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördert eine professionelle Energieberatung mit Thermografie mit bis zu 80% Zuschuss (maximal 1.300 € für Ein- und Zweifamilienhäuser). Dies macht die Untersuchung wesentlich erschwinglicher.

Das Risiko ausgekühlter Wände, wenn die Heizung tagsüber komplett abstellen

Es ist ein weit verbreiteter Spartipp: Wer tagsüber nicht zu Hause ist, soll die Heizung komplett abschalten und erst am Abend wieder aufdrehen. Was logisch klingt, ist in der Praxis oft kontraproduktiv und kann in Altbauten sogar zu ernsthaften Problemen wie Schimmelbildung führen. Der Grund liegt in der thermischen Trägheit massiver Altbauwände.

Schaltet man die Heizung für viele Stunden komplett ab, kühlen nicht nur die Luft, sondern auch die massiven Wände, Decken und Böden stark aus. Die Oberflächentemperatur der Wände kann dabei unter den kritischen Taupunkt von ca. 12,6 °C fallen. Wenn Sie am Abend die Heizung wieder aufdrehen, erwärmt sich die Luft schnell. Diese warme Luft kann viel Feuchtigkeit aufnehmen (z.B. durch Atmen, Kochen). Trifft diese feuchte, warme Luft nun auf die noch eiskalten Außenwände, kondensiert die Feuchtigkeit an der Oberfläche – die Wand wird feucht. Ein idealer Nährboden für Schimmel.

Dieser negative Effekt wird in einem Praxisbeispiel deutlich: Ein Bewohner schaltete seine Heizung täglich für 10 Stunden ab. Die Folge war eine Absenkung der Wandtemperatur auf 12 °C, während die relative Luftfeuchtigkeit auf 80 % anstieg. Bereits nach vier Wochen bildete sich Schimmel in den Raumecken. Die Lösung war nicht mehr Heizen, sondern anders Heizen: Eine moderate Nachtabsenkung um maximal 4-5 °C anstatt einer Komplettabschaltung hält die Wände auf einer unkritischen Temperatur.

Zudem ist der energetische Spareffekt oft eine Illusion, wie auch Energieexperten bestätigen. Dieses Zitat bringt es auf den Punkt:

Das Wiederaufheizen massiver, kalter Wände kann mehr Energie verbrauchen als das Halten einer reduzierten Grundtemperatur.

– Carsten Herbert, Energiesparkommissar YouTube-Kanal

Anstatt die Heizung also komplett auszuschalten, ist es weitaus sinnvoller, programmierbare Thermostate zu nutzen, um die Temperatur bei Abwesenheit auf eine Grundtemperatur von 16-17 °C abzusenken. Das spart Energie, ohne die Bausubstanz zu gefährden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der gefühlte Komfort hängt stärker von warmen Oberflächen und Zugfreiheit ab als von der reinen Lufttemperatur.
  • Kleine, gezielte Maßnahmen an typischen Schwachstellen (Kellertür, Bodentreppe, Rollladenkästen) haben oft den größten Kosten-Nutzen-Effekt.
  • Vermeiden Sie das komplette Auskühlen der Räume; eine moderate Absenkung der Temperatur ist effizienter und beugt Schimmel vor.

Wie sparen Sie 20% Heizkosten ohne teure Sanierung?

Die bisherigen Abschnitte haben gezeigt, dass es viele einzelne Stellschrauben gibt, um den Wohnkomfort zu erhöhen und Energie zu sparen. Der größte Hebel liegt jedoch in der Kombination der einfachsten und kostengünstigsten „Mikro-Maßnahmen“. Sie müssen nicht auf die große, teure Sanierung warten, um einen spürbaren Effekt zu erzielen. Eine Ersparnis von 20 % oder mehr ist oft schon mit einem Budget von wenigen hundert Euro und etwas handwerklichem Geschick erreichbar.

Die drei größten, oft übersehenen Energiefresser, die Sie sofort angehen können, sind undichte Rollladenkästen, ungedämmte Heizungsrohre im Keller und undichte Fenster. Allein durch die konsequente Abdichtung und Dämmung dieser drei Bereiche lässt sich ein enormes Sparpotenzial realisieren. Eine Untersuchung des Umweltbundesamtes zeigt, dass durch die Kombination solcher Maßnahmen eine Heizkostenersparnis von 20-30% möglich ist.

Hausbesitzer dämmt Rollladenkasten zur Energieeinsparung

Alte Rollladenkästen sind oft nur dünne Holzboxen ohne jegliche Dämmung – eine direkte Verbindung nach draußen. Das Dämmen mit passgenauen Dämmmatten aus dem Baumarkt ist eine Arbeit von wenigen Stunden, die den Wärmeverlust durch das Fenster-System um bis zu 50 % reduzieren kann. Ebenso einfach ist die Isolierung von warmwasserführenden Heizungsrohren im kalten Keller mit aufsteckbaren Rohrschalen. Jeder Meter ungedämmtes Rohr wirkt wie eine kleine Heizung im falschen Raum.

Die folgende Liste fasst die effektivsten Sofortmaßnahmen zusammen, mit denen Sie Ihr Ziel von 20 % Ersparnis erreichen können:

Ihre Sofortmaßnahmen für 20% Heizkostenersparnis

  1. Rollladenkästen dämmen: Dies ist oft die wirksamste Einzelmaßnahme. Potenzial: 5-10 % Ersparnis. Kosten: ca. 20-50 € pro Kasten.
  2. Heizungsrohre im Keller isolieren: Verhindert, dass wertvolle Wärme auf dem Weg zu den Heizkörpern verloren geht. Potenzial: 3-5 % Ersparnis. Kosten: ca. 5-10 € pro Meter Rohrisolierung.
  3. Fenster- und Türdichtungen prüfen und erneuern: Nutzen Sie den Papiertest. Erneuern Sie poröse oder fehlende Gummidichtungen. Potenzial: bis zu 5 % Ersparnis.
  4. Richtig lüften: Mehrmals täglich 5 Minuten Stoß- oder Querlüften anstatt Fenster dauerhaft zu kippen. Potenzial: 5 % Ersparnis. Kosten: kostenlos.
  5. Nachts Rollläden und Vorhänge schließen: Sie wirken wie eine zusätzliche Dämmschicht vor dem Fenster. Potenzial: bis zu 5 % Ersparnis. Kosten: kostenlos.

Mit einer strategischen Kombination dieser Punkte ist es realistisch, die Heizkosten um 20% zu senken, ohne tief in die Tasche greifen zu müssen.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, nicht länger auf die perfekte, aber ferne Komplettsanierung zu warten, sondern aktiv zu werden. Beginnen Sie noch heute mit der einfachsten Maßnahme aus unserer Liste – sei es das Anbringen einer Bürstendichtung an der Kellertür oder das Schließen der Rollläden bei Nacht. Jeder kleine Schritt zählt und bringt Sie einem behaglicheren und kostengünstigeren Zuhause näher.

Geschrieben von Dr. Sabine Klein, Zertifizierte Energieeffizienz-Expertin (dena-gelistet) und promovierte Maschinenbauingenieurin mit Schwerpunkt auf regenerativen Heizsystemen und Bauphysik. Über 12 Jahre Praxis in der energetischen Fachplanung und Fördermittelberatung.