
Der Blower-Door-Test ist kein bürokratischer Zwang für die KfW-Förderung, sondern das entscheidende Qualitätsaudit, das die Bausubstanz Ihres Hauses schützt.
- Ein früher Test vor der Beplankung deckt Mängel auf, deren Reparatur später bis zu 94 % teurer wäre.
- Ein korrekter n50-Wert ist fundamental, um die Effizienz Ihrer Lüftungsanlage zu sichern und Schimmelbildung in der dichten Gebäudehülle zu verhindern.
Empfehlung: Bestehen Sie auf einer baubegleitenden Messung (Verfahren B) zur Qualitätssicherung. Sie ist Ihre kostengünstigste Versicherung gegen zukünftige, teure Sanierungsfälle.
Für viele Bauherren ist der Blower-Door-Test vor allem eines: ein weiterer Punkt auf einer langen Checkliste, eine obligatorische Hürde, die es für den Erhalt der begehrten KfW-Förderung zu nehmen gilt. Er wird oft als lästige Pflicht empfunden, ein technisches Ritual, dessen einziger Zweck es zu sein scheint, ein Protokoll für die Bank zu erstellen. Man konzentriert sich darauf, den Test irgendwie zu „bestehen“, und vergisst dabei, was er wirklich misst und wovor er tatsächlich schützt. Diese Sichtweise ist nicht nur kurzsichtig, sie ist gefährlich und potenziell extrem kostspielig.
Die reine Konzentration auf den finalen n50-Wert für den Energieausweis ignoriert die eigentliche Macht dieses Verfahrens. Denn was, wenn die wahre Funktion des Blower-Door-Tests nicht die Prüfung, sondern die Diagnose ist? Was, wenn er weniger ein Examen und mehr eine unverzichtbare Vorsorgeuntersuchung für Ihr Gebäude ist? Dieser Artikel beweist, dass der Test keine Schikane ist, sondern Ihre wertvollste Versicherung. Er ist ein präzises Diagnosewerkzeug, das unsichtbare, aber katastrophale Mängel aufdeckt, bevor sie zu einem finanziellen Albtraum aus Bauschäden, Energieverlusten und Schimmelbefall werden.
Wir werden das Verfahren zerlegen und beweisen, warum der richtige Zeitpunkt, die richtige Methode und die richtige Interpretation der Ergebnisse entscheidend sind. Sie werden verstehen, wie man Leckagen systematisch aufspürt, warum ein scheinbar guter n50-Wert trügerisch sein kann und wie Sie sich vor Manipulationen schützen. Ziel ist es, Ihnen die Kontrolle zu geben und den Test von einer lästigen Pflicht in Ihr mächtigstes Instrument zur Qualitätssicherung zu verwandeln.
Dieser Leitfaden führt Sie durch die technischen Details und strategischen Entscheidungen rund um die Luftdichtheitsmessung. Entdecken Sie, wie Sie das Verfahren zu Ihrem Vorteil nutzen, um die Langlebigkeit und den Wert Ihrer Immobilie für Jahrzehnte zu sichern.
Inhaltsverzeichnis: Der Blower-Door-Test als Qualitätsaudit für Ihr Bauvorhaben
- Wie finden Sie mit Nebel und Unterdruck undichte Stellen im Dachstuhl?
- Was bedeutet ein n50-Wert von 1,5 und warum reicht das für Lüftungsanlagen nicht?
- Wann müssen Sie die Luftdichtheit prüfen: Vor oder nach der Beplankung?
- Baustellenzustand oder Nutzungszustand: Welches Messverfahren brauchen Sie für den Energieausweis?
- Wie bereiten Sie das Haus auf den Test vor, um nicht durchzufallen?
- Die Gefahr, wenn Handwerker während des Tests Löcher provisorisch abkleben
- Die Gefahr von Schimmel in der luftdichten Hülle, wenn die Lüftung fehlt
- Wie erhalten Sie das QNG-Siegel für zinsgünstige KfW-Kredite (KFN)?
Wie finden Sie mit Nebel und Unterdruck undichte Stellen im Dachstuhl?
Ein Blower-Door-Test liefert mehr als nur einen abstrakten n50-Wert. Seine wahre Stärke liegt in der Fähigkeit, als präzises Diagnosewerkzeug zu fungieren, das exakt aufzeigt, wo die Schwachstellen der Gebäudehülle liegen. Insbesondere im komplexen Bereich des Dachstuhls mit seinen vielen Anschlüssen und Durchdringungen ist eine systematische Leckagesuche entscheidend. Durch die Erzeugung eines konstanten Unterdrucks von 50 Pascal wird ein Luftzug von außen nach innen provoziert, der selbst kleinste Undichtigkeiten aufdeckbar macht.
Die einfachste Methode ist das Abtasten kritischer Zonen wie Kehlbalkenanschlüsse, Ortgänge oder Fensterlaibungen mit der Hand. Erfahrene Messtechniker nutzen jedoch spezialisierte Hilfsmittel. Eine Nebelmaschine ist hierbei besonders effektiv: Der feine, harmlose Nebel wird außerhalb des Gebäudes im Bereich vermuteter Lecks freigesetzt und durch den Unterdruck ins Innere gesaugt. So werden Luftströmungswege sichtbar gemacht und die exakte Position der Undichtigkeit kann ohne Zerstörung der Bausubstanz lokalisiert werden. Ein Anemometer (Strömungsmesser) quantifiziert anschließend die Stärke des Luftzugs und liefert somit einen messbaren Beleg für die Relevanz des Lecks.
Plan zur systematischen Leckageortung im Dachstuhl
- Unterdruck aufbauen: Einen konstanten Unterdruck von 50 Pascal erzeugen und während der gesamten Untersuchung aufrechterhalten.
- Manuelle Prüfung: Mit der Hand die kritischen Anschlüsse abtasten – Kehlbalken, Traufanschluss und Ortgang zuerst prüfen.
- Visualisierung mit Nebel: Eine Nebelmaschine einsetzen, um die Luftströmungswege entlang von Durchdringungen (z. B. für Rohre oder Kabel) sichtbar zu machen.
- Quantitative Messung: Ein Anemometer zur präzisen Messung der Strömungsgeschwindigkeit an verdächtigen Stellen verwenden, um die Intensität der Leckage zu bewerten.
- Dokumentation: Alle gefundenen Leckagen mit Fotos und Messwerten für das rechtssichere Bautagebuch und die Mängelanzeige dokumentieren.
Die Wahl der Methode hängt von den Umgebungsbedingungen ab. Während die Nebelmaschine Strömungswege aufzeigt, kann eine Thermografiekamera bei ausreichendem Temperaturunterschied zwischen innen und außen die kalten Lufteintrittsstellen exakt visualisieren. Die Kombination dieser Methoden liefert ein lückenloses Bild der Schwachstellen.
Die systematische Leckagesuche ist der Kern eines jeden professionellen Blower-Door-Tests. Sie verwandelt eine reine Messung in ein aktives Qualitätsaudit, das die Grundlage für eine gezielte und effiziente Mängelbeseitigung schafft. Dieses Vorgehen stellt sicher, dass nicht nur ein Wert auf dem Papier stimmt, sondern die Gebäudehülle in der Praxis funktioniert.
Was bedeutet ein n50-Wert von 1,5 und warum reicht das für Lüftungsanlagen nicht?
Der n50-Wert gibt an, wie oft das gesamte Luftvolumen eines Gebäudes pro Stunde bei einer Druckdifferenz von 50 Pascal ausgetauscht wird. Für Gebäude mit Lüftungsanlagen erlaubt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) einen Grenzwert von n50 ≤ 1,5 h⁻¹. Dieser Wert wird oft als Zielmarke missverstanden. In Wahrheit ist er lediglich die unterste Latte, die gerade noch zulässig ist. Für ein energieeffizientes und funktionales Gebäude, insbesondere mit einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, ist dieser Wert unzureichend und führt zu erheblichen Nachteilen.

Eine Lüftungsanlage ist darauf ausgelegt, kontrolliert verbrauchte Luft ab- und frische Luft zuzuführen. Die Wärmerückgewinnung entzieht dabei der Abluft Wärme und überträgt sie auf die Zuluft. Bei einem hohen n50-Wert von 1,5 h⁻¹ findet jedoch ein erheblicher, unkontrollierter Luftaustausch durch Leckagen in der Gebäudehülle statt. Kalte Außenluft strömt unkontrolliert ein, umgeht die Wärmerückgewinnung und kühlt das Gebäude aus. Gleichzeitig entweicht warme Innenluft. Eine Analyse der Energieverluste zeigt, dass bei einem n50-Wert von 1,5 statt optimalen 0,6 bis zu 25 % höhere Heizkosten entstehen können.
KfW-Effizienzhaus 40: Kostenvergleich verschiedener n50-Werte
Ein typisches KfW-Effizienzhaus 40 mit 150 m² Wohnfläche zeigt bei einem n50-Wert von 1,5 h⁻¹ jährliche Mehrkosten von etwa 450 € gegenüber dem vom Passivhaus Institut empfohlenen Wert von 0,6 h⁻¹. Der Grund liegt in der reduzierten Effizienz der Lüftungsanlage: Bei 1,5 h⁻¹ arbeitet die Wärmerückgewinnung nur noch mit etwa 75 % ihrer geplanten Leistung, da ein großer Teil des Luftaustauschs unkontrolliert über Leckagen stattfindet.
Für Gebäude mit Lüftungsanlagen, insbesondere Passivhäuser oder KfW-Effizienzhäuser, ist daher ein deutlich besserer Wert anzustreben. Das Passivhaus Institut Darmstadt empfiehlt einen n50-Wert von maximal 0,6 h⁻¹. Viele Experten raten für Neubauten mit Lüftungsanlagen zu Werten unter 1,0 h⁻¹. Ein Wert von 1,5 ist kein Erfolg, sondern ein Indiz für eine mangelhafte Ausführung der luftdichten Ebene, die langfristig zu Komforteinbußen und höheren Betriebskosten führt.
Wann müssen Sie die Luftdichtheit prüfen: Vor oder nach der Beplankung?
Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für den Blower-Door-Test ist eine der wichtigsten strategischen Entscheidungen für einen Bauherren – und die Antwort ist eindeutig: Die Prüfung muss baubegleitend erfolgen, also nach der Herstellung der luftdichten Ebene (z.B. Dampfbremsfolie, verputzte Wände), aber vor der Anbringung der Innenbeplankung (z.B. Gipskartonplatten) und des Estrichs. Ein Test, der erst nach der kompletten Fertigstellung durchgeführt wird, dient nur noch der Protokollierung eines Zustands, nicht mehr dessen aktiver Verbesserung.
Findet man eine Undichtigkeit in der Dampfbremse, bevor die Wände verkleidet sind, ist die Reparatur eine Sache von Minuten: Ein Stück spezielles Klebeband wird auf die beschädigte Stelle geklebt, die Kosten sind minimal. Wird dasselbe Leck erst nach der Beplankung entdeckt, beginnt der Albtraum: Die Wand muss aufgestemmt, die Dämmung entfernt, die Folie repariert und anschließend alles wieder verschlossen und verspachtelt werden. Die Kosten explodieren, es kommt zu Bauverzögerungen und Streitigkeiten über die Verantwortlichkeit.
Kostenvergleich: Früher vs. später Blower-Door-Test
Ein reales Bauvorhaben in Hamburg illustriert die dramatischen Kostenunterschiede: Bei einem Einfamilienhaus wurde eine undichte Stelle in der Dampfbremse entdeckt. Im Szenario des frühen Tests (vor Beplankung) beliefen sich die Reparaturkosten auf 200 € für das Nachkleben der Folie bei einer Arbeitszeit von 2 Stunden. Im Szenario eines späten Tests (nach Beplankung) hätte die Reparatur die Öffnung von 25 m² Rigipsplatten, eine Bauverzögerung von 10 Tagen und Gesamtkosten von über 3.500 € inklusive Gutachter und Anwaltskosten nach sich gezogen.
Die baubegleitende Messung ist somit ein reines Qualitätsmanagement-Instrument. Sie ist Ihre Versicherung gegen verdeckte Mängel. Eine Analyse von über 5.600 Blower-Door-Tests belegt eindrucksvoll: Reparaturkosten sind bei Tests vor der Beplankung um durchschnittlich 94 % günstiger als bei späteren Messungen. Die Investition in einen frühen, zusätzlichen Test amortisiert sich fast immer, da kaum ein Bau ohne kleinere Mängel an der luftdichten Ebene auskommt. Auf diesen Test zu verzichten, ist ein Glücksspiel mit extrem hohem Einsatz.
Baustellenzustand oder Nutzungszustand: Welches Messverfahren brauchen Sie für den Energieausweis?
Die Norm DIN EN ISO 9972 unterscheidet zwei grundlegende Messverfahren, die oft für Verwirrung sorgen: Verfahren B (Prüfung der Gebäudehülle im Baustellenzustand) und Verfahren A (Prüfung im Nutzungszustand). Als Bauherr ist es entscheidend zu verstehen, dass diese beiden Verfahren unterschiedliche Zwecke verfolgen und sich nicht gegenseitig ersetzen, sondern idealerweise ergänzen.
Verfahren B ist der baubegleitende Test, der vor der Endmontage stattfindet. Sein einziger Zweck ist die Qualitätssicherung. Hierbei werden alle geplanten Öffnungen der Gebäudehülle (z.B. für Lüftungsanlagen, Dunstabzug) temporär abgedichtet, um ausschließlich die Dichtheit der reinen Hüllkonstruktion (Folien, Anschlüsse, Fenster) zu prüfen. Werden Lecks gefunden, können sie einfach und kostengünstig behoben werden. Dieser Test ist für den offiziellen Nachweis nicht ausreichend, aber als Werkzeug zur Mängelvermeidung unverzichtbar.
Verfahren A ist die finale Messung am fertiggestellten Gebäude. Sie dient als offizieller Nachweis für den Energieausweis und die KfW-Förderung. Hierbei bleibt das Haus so, wie es genutzt wird. Lediglich absichtlich geplante Öffnungen, die manuell verschließbar sind (wie Fenster und Türen), werden geschlossen. Die Lüftungsanlage wird ausgeschaltet, ihre Öffnungen bleiben aber offen. Dieses Verfahren misst die Dichtheit des gesamten Systems im realen Zustand. Fällt das Gebäude bei diesem Test durch, sind die Korrekturen extrem aufwändig und teuer, da die Mängel nun hinter verkleideten Wänden liegen.
Eine Doppel-Messungs-Strategie ist daher der Königsweg: Ein erster Test nach Verfahren B zur Qualitätssicherung und Mängelbehebung, gefolgt von einem finalen Test nach Verfahren A für den offiziellen Nachweis. Die Kosten für den zusätzlichen ersten Test sind eine geringe Investition im Vergleich zum finanziellen Risiko eines Scheiterns beim finalen Test.
| Kriterium | Verfahren A (Nutzungszustand) | Verfahren B (Baustellenzustand) |
|---|---|---|
| Zeitpunkt | Nach Fertigstellung | Vor Beplankung |
| Zweck | Offizieller Energieausweis | Qualitätssicherung |
| Korrekturmöglichkeit | Sehr aufwändig (Rückbau) | Einfach und kostengünstig |
| Kosten bei Mängeln | > 3.000€ | 200-500€ |
| GEG-Konformität | Ja, erforderlich | Nein, zusätzlich |
Wie bereiten Sie das Haus auf den Test vor, um nicht durchzufallen?
Eine sorgfältige Vorbereitung des Gebäudes vor dem Blower-Door-Test ist essenziell, um ein aussagekräftiges und korrektes Messergebnis zu erhalten. Ziel ist es nicht, das Ergebnis zu manipulieren, sondern sicherzustellen, dass nur die unbeabsichtigten Leckagen der Gebäudehülle gemessen werden und nicht vermeidbare Undichtigkeiten, die zum normalen Betrieb gehören. Eine mangelhafte Vorbereitung führt oft zu einem unnötig schlechten Messergebnis, das eine teure Nachmessung erforderlich macht, obwohl die Gebäudehülle an sich in Ordnung ist.
Ein klassischer Fehler ist der vergessene Siphon: Ist ein Abflussrohr trocken, stellt es eine offene Verbindung zur Außenluft über das Kanalnetz dar und verfälscht das Ergebnis massiv. Daher müssen alle Siphons (Waschbecken, Dusche, Bodenabläufe) mit Wasser gefüllt werden. Ebenso müssen alle Öffnungen, die im Normalbetrieb verschlossen sind oder sein können, für den Test abgedichtet werden. Dazu gehören Briefkastenschlitze, Katzenklappen und die Aschelade eines Kamins. Die Dunstabzugshaube muss auf Umluft gestellt oder ihre Abluftklappe fest verschlossen werden.

Bei unserem Neubau in Nürnberg haben wir beim ersten Test einen n50-Wert von 3,8 erreicht – durchgefallen! Der Grund war banal: Der vergessene Revisionsschacht im Keller und ein nicht abgedichteter Schornsteinfeger-Zugang. Nach dem Abdichten dieser zwei Stellen erreichten wir problemlos 0,9. Die Vorbereitung ist wirklich entscheidend – diese 200 Euro für die Nachmessung hätten wir uns sparen können.
– Erfahrungsbericht eines Bauherren aus Bayern
Die folgende Checkliste fasst die wichtigsten Vorbereitungsschritte zusammen. Gehen Sie diese Punkte gemeinsam mit Ihrem Bauleiter oder dem Messtechniker vor dem Testtermin durch, um sicherzustellen, dass die Messung reibungslos verläuft und ein valides Ergebnis liefert.
Die ultimative Vorbereitungs-Checkliste für den Blower-Door-Test
- Alle Siphons mit Wasser füllen (mindestens 5 cm Wassersäule).
- Dunstabzugshaube auf Umluft stellen oder Klappe fest verschließen.
- Briefkastenschlitz von innen mit Klebeband luftdicht abkleben.
- Kaminofen vollständig auskühlen lassen, Asche entfernen und Zuluft schließen.
- Alle Innentüren öffnen, alle Außentüren und Fenster schließen und verriegeln.
- Rollladenkästen und deren Gurtführungen auf Dichtheit prüfen.
- Katzenklappe und Hundeklappe fest verschließen oder abkleben.
Die Gefahr, wenn Handwerker während des Tests Löcher provisorisch abkleben
Ein bestandener Blower-Door-Test ist oft an Zahlungen oder die Abnahme von Gewerken gekoppelt. Dieser Druck kann dazu führen, dass versucht wird, das Messergebnis zu manipulieren. Eine der häufigsten Methoden ist das übermäßige Abkleben von Öffnungen und Fugen, das weit über die normativ erlaubten Vorbereitungsmaßnahmen hinausgeht. Wenn ein Handwerker kurz vor der Messung beginnt, Silikonfugen, Fensteranschlüsse oder verdächtige Stellen mit Klebeband „für den Test“ abzudichten, sollten bei Ihnen als Bauherr alle Alarmglocken schrillen.
Diese Praxis verschleiert echte Baumängel. Ein provisorisch abgedichtetes Leck wird während des Tests nicht erfasst, der n50-Wert ist künstlich gut. Nach dem Test wird das Klebeband entfernt und die Undichtigkeit bleibt im Verborgenen bestehen. Die Folgen treten erst Monate oder Jahre später auf: erhöhte Heizkosten, Zugluft und im schlimmsten Fall schwere Bauschäden durch Kondensat und Schimmel in der Konstruktion. Rechtlich kann dies als arglistige Täuschung gewertet werden, deren Beweis im Nachhinein jedoch schwierig ist.
Vor der Blower-Door-Messung mehr abkleben, als es die Norm erlaubt – das ist eine der neun häufigsten Manipulationsmöglichkeiten bei Luftdichtheitstests.
– Holger Merkel, Podcast Luftdichtheit geprüft, Folge 4
Um sich als Bauherr zu schützen, ist Transparenz der Schlüssel. Bestehen Sie darauf, beim Test anwesend zu sein oder einen unabhängigen Sachverständigen zu beauftragen. Fordern Sie eine lückenlose Fotodokumentation des Gebäudezustands direkt vor Messbeginn. Alle temporären Abdichtungen, die für den Test vorgenommen werden, müssen exakt im Messprotokoll aufgelistet sein. Dies schafft eine klare Beweisgrundlage und schreckt vor Manipulationsversuchen ab. Ein seriöser Handwerker oder Messdienstleister wird diesem Vorgehen ohne Zögern zustimmen.
Die folgende Liste fasst präventive Maßnahmen zusammen, die Sie vertraglich und organisatorisch verankern sollten, um die Integrität des Tests sicherzustellen.
Checkliste: Präventive Maßnahmen gegen Testmanipulation
- Anwesenheitspflicht: Vertraglich festlegen, dass der Bauherr oder ein unabhängiger Sachverständiger beim Test anwesend sein muss.
- Fotodokumentation: Vor Testbeginn alle temporären Abdichtungen (z.B. abgeklebte Rohre) gemeinsam prüfen und fotografisch festhalten.
- Detailliertes Prüfprotokoll: Eine exakte Auflistung aller temporären Abdichtungen im offiziellen Messprotokoll verlangen.
- Stichprobenkontrolle: Bei Verdacht eine kurze Kontrollmessung nach Entfernung einer provisorischen Abdichtung fordern.
- Rechtliche Absicherung: Eine Klausel zu den Folgen arglistiger Täuschung und gegebenenfalls verlängerten Gewährleistungsfristen bei nachgewiesener Manipulation in den Bauvertrag aufnehmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Blower-Door-Test ist kein Selbstzweck, sondern ein entscheidendes Audit zur Qualitätssicherung und zum Schutz vor teuren Bauschäden.
- Eine baubegleitende Messung (Verfahren B) vor der Innenbeplankung ist der Schlüssel, um Mängel kostengünstig zu beheben.
- Eine luftdichte Hülle erfordert zwingend ein Lüftungskonzept nach DIN 1946-6, um Feuchtigkeit abzuführen und Schimmel zu verhindern.
Die Gefahr von Schimmel in der luftdichten Hülle, wenn die Lüftung fehlt
Ein erfolgreicher Blower-Door-Test mit einem exzellenten n50-Wert ist ein zweischneidiges Schwert. Er bestätigt eine hochgradig luftdichte Gebäudehülle – eine Grundvoraussetzung für Energieeffizienz. Doch genau diese Dichtheit schafft ein neues, kritisches Risiko: Wenn der unkontrollierte Luftaustausch durch Fugen und Ritzen unterbunden wird, kann auch die im Gebäude entstehende Feuchtigkeit nicht mehr entweichen. Ohne ein funktionierendes Lüftungskonzept wird die dichte Hülle zur perfekten Brutstätte für Schimmel und Feuchteschäden.
Ein Vier-Personen-Haushalt produziert täglich durch Atmen, Kochen, Duschen und Waschen bis zu 12 Liter Wasser in Form von Wasserdampf. In einem undichten Altbau würde diese Feuchtigkeit unkontrolliert nach außen diffundieren. In einem dichten Neubau sammelt sie sich in der Raumluft an. Trifft diese warme, feuchte Luft auf eine kalte Oberfläche – typischerweise an Wärmebrücken wie Fensterecken, Rollladenkästen oder unzureichend gedämmten Außenwandecken – kühlt sie ab. Der Taupunkt wird unterschritten, das Wasser kondensiert, und die feuchte Oberfläche bietet ideale Wachstumsbedingungen für Schimmelpilze.

Aus diesem Grund ist eine luftdichte Gebäudehülle ohne ein passendes Lüftungskonzept ein grober Planungsfehler. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) schreibt daher in Verbindung mit der DIN 1946-6 vor, dass für jeden Neubau und jede größere Sanierung ein Lüftungskonzept erstellt werden muss. Dieses stellt sicher, dass ein nutzerunabhängiger Mindestluftwechsel zur Abfuhr von Feuchtigkeit und Schadstoffen gewährleistet ist. Das Ergebnis des Blower-Door-Tests ist dabei ein entscheidender Parameter für die Auslegung der Lüftungsanlage.
Pflichtschritte für ein Lüftungskonzept nach DIN 1946-6
- Bedarfsermittlung: Den erforderlichen Luftvolumenstrom basierend auf der Wohnfläche, Raumgrößen und geplanter Personenzahl berechnen.
- Festlegung der Lüftungsstufen: Definition der nutzerunabhängigen Lüftung zum Feuchteschutz (Mindestluftwechsel auch bei Abwesenheit) und der Nennlüftung für den Normalbetrieb.
- Systemauswahl: Basierend auf dem Blower-Door-Testergebnis und den Anforderungen das passende Lüftungssystem auswählen (z.B. zentrale oder dezentrale Anlage mit Wärmerückgewinnung).
- Technische Integration: Planung der Integration der Lüftungsanlage in die Gebäudetechnik, inklusive Luftleitungen und Steuerung.
- Dokumentation: Erstellung der vollständigen Dokumentation des Lüftungskonzepts als Nachweis für die Bauabnahme und die Einhaltung des GEG.
Wie erhalten Sie das QNG-Siegel für zinsgünstige KfW-Kredite (KFN)?
Für Bauherren, die eine Finanzierung im Rahmen des Programms „Klimafreundlicher Neubau“ (KFN) anstreben, ist das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ (QNG) von entscheidender Bedeutung. Es ist nicht nur ein Nachweis für besonders hohe ökologische und soziokulturelle Standards, sondern auch der Schlüssel zu den besten Förderkonditionen. Die KfW-Bank gewährt bei nachgewiesener Qualitätssicherung durch das Siegel deutlich bessere Zinsen und höhere Tilgungszuschüsse. Der Blower-Door-Test spielt in diesem Zertifizierungsprozess eine zentrale und unumgängliche Rolle.
Das QNG-Siegel verlangt eine umfassende und lückenlose Dokumentation der Bauqualität. Der Blower-Door-Test ist hierbei nicht nur eine einzelne Messung, sondern ein integraler Bestandteil der nachzuweisenden Qualitätssicherung. Es reicht nicht, am Ende den geforderten n50-Wert von ≤ 1,5 h⁻¹ (für Gebäude mit Lüftungsanlage) zu erreichen. Der Zertifizierer verlangt ein ausführliches Messprotokoll nach DIN EN ISO 9972, das die Messbedingungen, die Gerätekalibrierung und den gesamten Messverlauf transparent darlegt. Eine baubegleitende Messung zur frühzeitigen Mängelerkennung wird dringend empfohlen und von den meisten Energieberatern als Standard für eine erfolgreiche QNG-Zertifizierung angesehen.
Der Prozess zur Erlangung des QNG-Siegels muss von Anfang an durch einen zertifizierten Energieberater mit QNG-Zusatzqualifikation begleitet werden. Er koordiniert die notwendigen Nachweise, stellt die Konformität der Planung sicher und überwacht die Umsetzung auf der Baustelle. Der Blower-Door-Test ist dabei ein kritischer Meilenstein, der die sorgfältige Ausführung der luftdichten Ebene objektiv belegt.
Schritte zur QNG-Zertifizierung mit Blower-Door-Test
- Qualifizierten Berater beauftragen: Einen Energie-Effizienz-Experten mit anerkannter QNG-Zusatzqualifikation für die Baubegleitung engagieren.
- Qualitätssicherung dokumentieren: Eine lückenlose baubegleitende Qualitätssicherung inklusive Fotodokumentation der luftdichten Ebene durchführen.
- Blower-Door-Test durchführen: Die Luftdichtheitsmessung nach GEG-Standard (z.B. n50 ≤ 1,5 h⁻¹ bei Gebäuden mit Lüftungsanlage) durch einen qualifizierten Dienstleister durchführen lassen.
- Messprotokoll erstellen: Ein ausführliches und normgerechtes Messprotokoll nach DIN EN ISO 9972 anfertigen lassen.
- Unterlagen einreichen: Alle erforderlichen Nachweise, inklusive des Blower-Door-Protokolls, beim beauftragten QNG-Zertifizierer einreichen.
- KfW-Antrag stellen: Nach Erhalt des Siegels den KfW-Antrag (KFN) mit dem QNG-Nachweis einreichen, um von den bestmöglichen Förderkonditionen zu profitieren.
Sprechen Sie Ihren Energieberater oder Bauleiter daher proaktiv auf eine baubegleitende Luftdichtheitsmessung an. Betrachten Sie die Kosten nicht als zusätzlichen Aufwand, sondern als die Prämie für die wichtigste Versicherung Ihres Bauvorhabens: die Garantie für eine mängelfreie, langlebige und energieeffiziente Gebäudehülle.