Veröffentlicht am März 15, 2024

Entgegen der landläufigen Meinung können Wände nicht wie eine Lunge Luft atmen; der entscheidende Faktor für ein gesundes Raumklima ist ihre Fähigkeit zur Dampfdiffusion.

  • Ein diffusionsoffener Wandaufbau ermöglicht es, Feuchtigkeit aus dem Inneren sicher nach außen abzutransportieren und verhindert so Tauwasser und Schimmelbildung in der Konstruktion.
  • Die falsche Materialwahl, wie eine absolute Dampfsperre im Holzbau oder eine Latexfarbe auf Lehmputz, kann dieses System blockieren und zu schweren Bauschäden führen.

Empfehlung: Planen Sie den Wandaufbau Ihres Holzhauses immer nach dem Prinzip „innen dichter als außen“, um ein maximales Rücktrocknungspotenzial zu gewährleisten und die Bausubstanz langfristig zu schützen.

Der Traum vom Eigenheim ist oft mit dem Wunsch nach einem gesunden, natürlichen Wohnklima verbunden. Insbesondere im Holzbau kursiert dabei hartnäckig der Begriff der „atmenden Wand“. Diese Vorstellung suggeriert, eine Wand könne wie eine Lunge für einen stetigen Luftaustausch sorgen und so ganz von selbst für frische Luft und eine ideale Feuchtigkeitsbalance sorgen. Diese Idee geht auf Experimente von Max von Pettenkofer aus dem 19. Jahrhundert zurück, der mit erheblichem Überdruck Luft durch einen Ziegelstein pressen konnte. Doch unter realen Bedingungen an einer Hauswand sind solche Druckverhältnisse inexistent. Eine verputzte Wand, ob aus Ziegel, Beton oder im modernen Holzrahmenbau, ist für den Luftaustausch praktisch dicht.

Die Entzauberung dieses Mythos darf jedoch nicht zu einer falschen Schlussfolgerung führen. Denn obwohl Wände keine Luft atmen, besitzen sie eine andere, bauphysikalisch entscheidende Fähigkeit: die Dampfdiffusionsoffenheit. Hierbei handelt es sich nicht um einen Luft-, sondern um einen Feuchtigkeitsaustausch auf molekularer Ebene. Ein durchschnittlicher Familienhaushalt produziert durch Kochen, Duschen und Atmen täglich 10 bis 12 Liter Wasserdampf, der in die Raumluft abgegeben wird. Ein intelligenter Wandaufbau kann diese Feuchtigkeit aufnehmen, durch die Konstruktion leiten und an der Außenseite wieder abgeben. Er fungiert als Puffer und Sicherheitsventil zugleich.

Die wahre Kunst im modernen Holzbau liegt also nicht im Glauben an einen Mythos, sondern im Verständnis der physikalischen Gesetze der Dampfdiffusion. Es geht darum, die einzelnen Schichten der Wand – von der inneren Beplankung über die Dämmung bis zur Fassade – so aufeinander abzustimmen, dass ein kontinuierliches Dampfdruckgefälle von innen nach außen entsteht. Dieser Artikel führt Sie durch die kritischen Entscheidungspunkte im Wandaufbau, erklärt, welche Materialkombinationen funktionieren, welche fatal sind und wie Sie so ein dauerhaft schimmelfreies und gesundes Zuhause schaffen.

Um die komplexen Zusammenhänge des Feuchtemanagements im Detail zu verstehen, gliedert sich dieser Artikel in acht zentrale Aspekte. Jeder Abschnitt beleuchtet eine spezifische Schicht oder ein kritisches Detail des Wandaufbaus und gibt Ihnen das nötige Wissen an die Hand, um die richtigen Entscheidungen für Ihr Bauvorhaben zu treffen.

Warum eine Dampfsperre im Holzbau oft fataler ist als eine variable Bremse?

Im Holzbau ist die Kontrolle von Feuchtigkeit von existenzieller Bedeutung. Lange Zeit galt die Devise: Die Konstruktion muss durch eine absolute Dampfsperre (z. B. eine Aluminiumfolie) hermetisch abgeriegelt werden, damit kein Wasserdampf aus dem Rauminneren in die Dämmebene eindringen kann. Diese Strategie birgt jedoch ein erhebliches Risiko: Sollte Feuchtigkeit – sei es durch eine winzige Undichtigkeit, flankierende Bauteile oder eingebaute Baufeuchte – dennoch in die Konstruktion gelangen, ist sie dort eingeschlossen. Die Sperre verhindert nämlich auch das Austrocknen nach innen, das sogenannte Rücktrocknungspotenzial. Die Folge kann eine unbemerkte Durchfeuchtung der Holzkonstruktion und Schimmelbildung sein.

Eine bauphysikalisch weitaus intelligentere Lösung sind feuchtevariable Dampfbremsen. Diese Folien verhalten sich wie eine Hightech-Membran. Im Winter, wenn die Raumluft feuchter ist als die kalte Außenluft, erhöht die Folie ihren Diffusionswiderstand (sd-Wert) und lässt nur sehr wenig Feuchtigkeit in die Konstruktion. Im Sommer kehrt sich das Dampfdruckgefälle um. Die in der Konstruktion befindliche Restfeuchte will nun zurück in den trockeneren Innenraum diffundieren. Genau dann öffnet die variable Bremse ihre Poren, wird also diffusionsoffener, und ermöglicht eine effektive Austrocknung. Moderne feuchtevariable Dampfbremsen passen sich mit einem sd-Wert von 0,3 m bis über 5 m dynamisch an die Umgebungsfeuchte an.

Praxisbeispiel: Vom DIBt zugelassene Sicherheit

Die vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) zugelassene feuchtevariable Dampfbremse „Ursa Seco SDV“ ist ein Beispiel für eine solche Lösung. Sie ermöglicht sichere Holzdach- und Wandkonstruktionen, selbst bei vollständiger Dämmung zwischen den Sparren und einer diffusionsoffenen Unterdeckung. Berechnungen zeigen, dass das Austrocknungspotenzial im Sommer den möglichen Feuchteeintrag im Winter bei Weitem übersteigt. Dies gewährleistet einen dauerhaften Schutz vor Feuchteschäden und macht die Konstruktion fehlertoleranter und langlebiger als eine starre Dampfsperre.

Die Wahl einer variablen Dampfbremse anstelle einer kompletten Sperre ist somit eine der wichtigsten Entscheidungen für die Langlebigkeit und Sicherheit eines Holzhauses. Sie verwandelt die Wand von einem passiven, aber riskanten Dichtungsblock in ein aktiv feuchtigkeitsregulierendes System.

Wie verarbeiten Sie Hanfdämmung, ohne dass Lücken für Feuchtigkeit bleiben?

Die Wahl eines diffusionsoffenen Dämmstoffs wie Hanf ist ein wichtiger Schritt, doch seine Wirksamkeit hängt entscheidend von der Verarbeitungsqualität ab. Das oberste Gebot lautet: Lückenlosigkeit. Jede noch so kleine Fuge oder Lücke in der Dämmschicht stellt eine Kältebrücke dar. An diesen Stellen kühlt die innere Wandoberfläche stärker ab, der Taupunkt wird unterschritten und Feuchtigkeit aus der Raumluft kondensiert genau dort – der ideale Nährboden für Schimmel. Zudem kann durch Fugen warme, feuchte Luft in die kälteren Bereiche der Konstruktion strömen (Konvektion), was zu erheblichen Tauwassermengen führt. Eine fachgerechte, lückenlose Installation verhindert dies und sorgt für ein durchgehendes Dampfdruckgefälle.

Detailaufnahme von Hanfdämmmatten zwischen deutschem Standardständerwerk mit perfekter Klemmwirkung

Bei der Verarbeitung von Dämmmatten aus Hanf oder anderen flexiblen Materialien ist Präzision gefragt. Die Matten müssen mit einem leichten Übermaß (ca. 1-2 cm) zugeschnitten und zwischen die Holzständer geklemmt werden. Die Eigenklemmwirkung des Materials sorgt dafür, dass es sich an die Hölzer anschmiegt und keine Spalten entstehen. Besonders kritisch sind Anschlüsse an Fenster, Türen und Durchdringungen wie Steckdosen. Hier muss die Dämmung exakt zugeschnitten und eingepasst werden. Bei Einblasdämmung ist es die Aufgabe des Fachbetriebs, die korrekte Dichte sicherzustellen, um spätere Setzungen und die damit verbundene Lückenbildung zu vermeiden.

Checkliste: Lückenlose Dämmstoffverarbeitung im Holzbau

  1. Gefache prüfen: Stellen Sie vor dem Dämmen sicher, dass alle Anschlüsse der Dampfbremse an flankierende Bauteile (Boden, Decke, Wände) absolut luftdicht verklebt sind.
  2. Präziser Zuschnitt: Schneiden Sie flexible Dämmmatten immer mit leichtem Übermaß zu, um eine satte Klemmwirkung zwischen den Holzständern zu erzielen und Fugen zu vermeiden.
  3. Mehrlagig dämmen: Bei dicken Dämmschichten sollten Sie möglichst mit zwei dünneren Lagen arbeiten und die Stöße versetzt anordnen, um durchgehende Fugen zu verhindern.
  4. Anschlüsse kontrollieren: Achten Sie besonders auf eine lückenlose Ausführung an Ecken, Fenstern und anderen Durchdringungen. Stopfen Sie verbleibende kleine Lücken sorgfältig mit Dämmmaterial aus.
  5. Qualitätskontrolle (bei Einblasdämmung): Verwenden Sie eine transparente Dampfbremse, um während und nach dem Einblasen die vollständige und setzungssichere Verfüllung der Gefache visuell kontrollieren zu können.

Die sorgfältige Verarbeitung der Dämmung ist kein optionaler Luxus, sondern die grundlegende Voraussetzung dafür, dass das gesamte diffusionsoffene Wandsystem wie geplant funktionieren kann. Nur eine durchgehende Dämmschicht gewährleistet den Wärmeschutz und verhindert kritische Taupunktunterschreitungen.

OSB oder Gipsfaser: Was reguliert die Feuchtigkeit im Holzrahmenbau besser?

Die innere Beplankung des Holzständerwerks hat nicht nur eine statische Funktion, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle im Feuchtemanagement der Wand. Die beiden gängigsten Materialien, OSB-Platten (Grobspanplatten) und Gipsfaserplatten, unterscheiden sich hier fundamental in ihrem Diffusionsverhalten. OSB-Platten gelten aufgrund ihrer verleimten Holzspäne als relativ dampfdicht. Ihr Diffusionswiderstand (µ-Wert) ist hoch, was bedeutet, dass sie den Durchgang von Wasserdampf stark bremsen. Sie können daher unter bestimmten Umständen selbst als Dampfbremse fungieren, bieten aber kaum Pufferkapazität für Raumfeuchte und haben ein geringes Rücktrocknungspotenzial.

Gipsfaserplatten hingegen sind deutlich diffusionsoffener. Ihr niedriger µ-Wert erlaubt einen leichteren Durchgang von Wasserdampf. Noch wichtiger ist ihre hohe Sorptionsfähigkeit: Sie können kurzfristig eine große Menge an Feuchtigkeit aus der Raumluft aufnehmen und bei sinkender Luftfeuchtigkeit wieder abgeben. Diese Eigenschaft macht sie zu einem aktiven Feuchtepuffer, der Feuchtigkeitsspitzen (z. B. beim Duschen oder Kochen) effektiv abfedern und so zu einem ausgeglicheneren Raumklima beitragen kann.

Vergleich des Diffusionswiderstands und der Feuchteregulierung
Baustoff Diffusionswiderstandszahl µ (ca.) Feuchteregulierung (Sorption)
OSB-Platte 50-200 Gering
Gipsfaserplatte 5-10 Hoch
Holz (Fichte/Tanne) 20-40 Mittel
Lehmbauplatte 5-10 Sehr hoch

Aus bauphysikalischer Sicht ist die Gipsfaserplatte im Hinblick auf die Feuchteregulierung der OSB-Platte überlegen, insbesondere in Kombination mit einer feuchtevariablen Dampfbremse dahinter. Während die OSB-Platte die Wand eher versiegelt, unterstützt die Gipsfaserplatte aktiv den Feuchteaustausch und die Pufferwirkung. In einem konsequent diffusionsoffenen System ist die Gipsfaserplatte daher oft die bessere Wahl, um das Potenzial der gesamten Wandkonstruktion voll auszuschöpfen.

Die Gefahr von Latexfarbe auf Lehmputz, die die Diffusion komplett blockiert

Sie haben sich für einen hochwertigen, diffusionsoffenen Wandaufbau entschieden, vielleicht sogar mit einem Lehmputz, der als exzellenter Feuchtepuffer dient. Doch die letzte Schicht, der Anstrich, kann die gesamte bauphysikalische Leistung zunichtemachen. Das klassische Negativbeispiel ist Latexfarbe. Obwohl moderne „Latexfarben“ oft keine echten Latex-Bindemittel mehr enthalten, handelt es sich meist um kunststoffdispersionsbasierte Farben, die auf der Wand einen dichten, filmbildenden Anstrich erzeugen. Diese Schicht ist extrem wasserabweisend und nahezu dampfdicht.

Makroaufnahme von Lehmputzoberfläche mit verschiedenen Anstrichsystemen im Querschnitt

Streicht man eine solche Farbe auf einen kapillaraktiven und diffusionsoffenen Untergrund wie Lehm- oder Kalkputz, versiegelt man dessen Oberfläche. Die Fähigkeit des Putzes, Feuchtigkeit aus der Raumluft aufzunehmen und wieder abzugeben, wird komplett blockiert. Es ist, als würde man eine Plastiktüte über die Wand ziehen. Feuchtigkeit, die aus der Konstruktion nach innen trocknen möchte, wird an dieser Sperrschicht gestoppt. Dies kann zu Feuchteansammlungen direkt hinter dem Anstrich führen und die Putzschicht schädigen. Der gesamte Nutzen des diffusionsoffenen Systems wird durch die falsche Farbwahl aufgehoben. Man spricht hier von einem Systemversagen.

Die Alternative sind diffusionsoffene Anstrichsysteme wie Silikatfarben, Kalkfarben oder spezielle Lehmfarben. Diese Farben gehen eine chemische Verbindung mit dem mineralischen Untergrund ein (Verkieselung bei Silikatfarbe) oder bleiben selbst hochgradig diffusionsoffen, ohne einen dichten Film zu bilden. Sie bewahren die Fähigkeit des Untergrundes zur Feuchtigkeitsregulierung und stellen sicher, dass die Wand als Ganzes „atmen“ kann – im Sinne der Dampfdiffusion. Auch wenn im Zuge von Diffusionsprozessen der Transportanteil nur wenige Gramm Wasser pro Quadratmeter beträgt, ist dieser stete, langsame Austausch für die Gesundheit der Bausubstanz entscheidend.

Wann dürfen Sie nach dem Lehmputz tapezieren, um Schimmel dahinter zu vermeiden?

Ein Lehmputz bringt während der Verarbeitung eine erhebliche Menge an Wasser in den Bau ein. Bevor die Wand mit einer Tapete oder einem dichten Anstrich versehen werden kann, muss diese Baufeuchte vollständig ausgetrocknet sein. Wird eine Wand zu früh tapeziert, wird die Restfeuchte hinter der Tapete eingeschlossen. Insbesondere bei Raufaser- oder Vliestapeten, die oft mit dispersionshaltigen Kleistern und Farben kombiniert werden, entsteht eine relativ dampfbremsende Schicht. Die eingeschlossene Feuchtigkeit kann nicht mehr entweichen, die relative Luftfeuchtigkeit direkt an der Putzoberfläche steigt auf über 80 %, und Schimmelwachstum hinter der Tapete ist praktisch vorprogrammiert.

Die Trocknungszeit eines Lehmputzes hängt stark von der Auftragsdicke, der Temperatur, der Luftfeuchtigkeit und der Lüftung auf der Baustelle ab. Eine pauschale Zeitangabe ist schwierig, aber als Faustregel gilt: Pro Millimeter Putzdicke ist mit mindestens einem Tag Trocknungszeit zu rechnen, bei dicken Lagen und ungünstigen Bedingungen auch deutlich länger. Eine 20 mm dicke Lehmputzschicht kann also gut und gerne 3-4 Wochen oder länger benötigen, um vollständig durchzutrocknen. Die Oberfläche mag sich trocken anfühlen, doch in der Tiefe ist der Putz noch feucht.

Absolute Sicherheit gibt nur eine Feuchtigkeitsmessung. Mit einem kapazitiven Messgerät kann ein Fachmann den Feuchtegehalt des Putzes zerstörungsfrei prüfen. Erst wenn die Werte im unkritischen Bereich liegen (Ausgleichsfeuchte erreicht), darf tapeziert oder mit filmbildenden Farben gestrichen werden. Wer auf Nummer sicher gehen und die positiven Eigenschaften des Lehms voll nutzen will, sollte ohnehin auf Tapeten verzichten und stattdessen einen diffusionsoffenen Anstrich direkt auf den Putz auftragen. So bleibt die Fähigkeit des Lehms, das Raumklima zu regulieren, vollständig erhalten.

Wie verbessert die Kombi aus Holz und Lehm das Raumklima im Sommer um 3 Grad?

Die Kombination aus einer Holzbauweise und einem dicken Lehmputz ist nicht nur für das Feuchtemanagement im Winter ideal, sondern bietet auch einen erheblichen Vorteil beim sommerlichen Hitzeschutz. Dies liegt an zwei physikalischen Eigenschaften: der hohen spezifischen Wärmekapazität von Lehm und der Phasenverschiebung. Holz selbst hat bereits eine gute Wärmespeicherfähigkeit, aber Lehm ist hier noch überlegen. Er kann eine große Menge an Wärmeenergie aufnehmen, ohne sich dabei schnell zu erhitzen. Tagsüber, wenn die Sonne auf die Fassade scheint und die Außentemperaturen steigen, nimmt die massive Lehm- und Holzschicht diese Wärme langsam auf und speichert sie.

Diffusionsoffene Baustoffe gewährleisten einen guten Feuchtigkeitsausgleich. Je diffusionsoffener Baustoffe sind, umso schneller kann Wasserdampf durch sie hindurch dringen.

– BauNetz Wissen, Feuchteschutz – Dampfdiffusion im Mauerwerk

Dieser Effekt wird als Phasenverschiebung bezeichnet. Sie beschreibt die Zeitspanne, die die Hitzewelle benötigt, um von der Außenseite der Wand bis zur Innenseite zu gelangen. Bei einem gut konzipierten Wandaufbau mit hoher Speichermasse kann diese Phasenverschiebung 10 bis 12 Stunden oder mehr betragen. Die Mittagshitze erreicht die Rauminnenseite also erst spät in der Nacht, wenn die Außentemperaturen bereits wieder gefallen sind und durch nächtliches Lüften effektiv gegengesteuert werden kann. Dies führt dazu, dass die Raumtemperaturen an heißen Tagen spürbar niedriger bleiben – ein Unterschied von bis zu 3 °C im Vergleich zu einer Leichtbauweise ohne ausreichende Speichermasse ist realistisch.

Zusätzlich trägt die Verdunstungskühle zur Klimatisierung bei. Der Lehmputz, der tagsüber eventuell Feuchtigkeit aus der Raumluft aufgenommen hat, gibt diese in der Nacht bei der Lüftung wieder ab. Dieser Verdunstungsprozess entzieht der Umgebung Wärme und kühlt die Wandoberfläche zusätzlich ab. Die Kombination aus Holz und Lehm schafft also nicht nur eine diffusionsoffene, sondern auch eine thermisch träge und ausgleichende Hülle, die den Wohnkomfort im Sommer und Winter auf natürliche Weise erhöht.

Wie Lehmputz im Badezimmer beschlagene Spiegel und Schimmelspitzen verhindert?

Das Badezimmer ist der Feuchteraum Nummer eins in jedem Haus. Beim Duschen steigt die relative Luftfeuchtigkeit innerhalb von Minuten auf 90-100 %. Diese feuchtigkeitsgesättigte Luft trifft auf kältere Oberflächen wie Fliesen, Fenster und Spiegel, kondensiert dort und führt zu den bekannten beschlagenen Flächen und nassen Fugen. Wenn diese Feuchtigkeit nicht schnell abtrocknen kann, entsteht besonders in den Silikonfugen oder an kalten Wandecken schnell Schimmel. Die Standardlösung ist intensives Lüften, doch oft reicht das nicht aus.

Hier zeigt ein dicker Lehmputz (außerhalb des direkten Spritzwasserbereichs) seine herausragende Stärke als Feuchtepuffer. Dank seiner mikroporösen Struktur und kapillaren Leitfähigkeit kann Lehm extrem schnell große Mengen an Wasserdampf aus der Luft aufnehmen. Während Sie duschen, „saugt“ der Lehmputz die überschüssige Feuchtigkeit förmlich auf. Die Spitze der Luftfeuchtigkeit wird gekappt, die relative Luftfeuchtigkeit im Raum steigt deutlich langsamer und weniger stark an. Das Ergebnis: Der Spiegel beschlägt kaum oder gar nicht, und an den Wänden bildet sich kein Kondenswasser. Die kritische Schwelle, bei der Schimmelwachstum begünstigt wird – liegt die Luftfeuchtigkeit längere Zeit über 60 % bei kühlen Oberflächentemperaturen –, wird seltener erreicht.

Nach dem Duschen und Lüften gibt der Lehmputz die gespeicherte Feuchtigkeit langsam und gleichmäßig wieder an die trockenere Raumluft ab und ist bereit für die nächste „Feuchtespitze“. Er arbeitet wie eine natürliche Klimaanlage für Feuchtigkeit. Wichtig ist, dass im Spritzwasserbereich (in und um die Dusche/Wanne) wasserfeste Materialien wie Fliesen oder spezielle wasserabweisende Putze (z. B. Tadelakt) verwendet werden. Doch an den übrigen Wand- und Deckenflächen kann Lehmputz die Notwendigkeit des „Stoßlüftens“ zwar nicht ersetzen, aber die Folgen von kurzzeitigen Feuchtigkeitsspitzen drastisch reduzieren und so aktiv zur Schimmelprävention beitragen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Prinzip der „atmenden Wand“ ist ein Mythos; entscheidend ist die Dampfdiffusion, nicht der Luftaustausch.
  • Ein bauphysikalisch korrekter Wandaufbau folgt der Regel „innen dichter als außen“, um ein Austrocknen der Konstruktion zu ermöglichen.
  • Die Wahl diffusionsoffener Materialien für alle Schichten (Dämmung, Beplankung, Putz, Farbe) ist entscheidend für die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems.

Ist ein Holzhaus in der Gebäudeversicherung wirklich teurer als Massivbau?

Ein hartnäckiges Vorurteil gegenüber dem Holzbau betrifft die Kosten für die Gebäudeversicherung. Die Sorge: Da Holz ein brennbarer Baustoff ist, müssten die Prämien zwangsläufig höher sein als bei einem Massivhaus aus Stein und Beton. Diese Annahme ist heute jedoch weitgehend überholt. Moderne Holzhäuser, die nach aktuellen Normen und Vorschriften errichtet werden, erfüllen hohe Brandschutzanforderungen. Die tragenden Bauteile werden so dimensioniert, dass sie im Brandfall eine schützende Holzkohleschicht bilden, die das weitere Abbrennen verlangsamt und die Stabilität für eine bestimmte, berechnete Zeit (z.B. F30 oder F60) gewährleistet. Versicherungen erkennen diese qualitätsgesicherte Bauweise an.

Viele Versicherer unterscheiden bei der Prämienkalkulation nicht mehr primär nach der Bauart (Holz- oder Massivbau), sondern bewerten das Gesamtrisiko. Faktoren wie der Standort (Risikozonen für Sturm, Hochwasser), die Bauqualität, die vorhandene Sicherheitstechnik und die Feuerwiderstandsklasse der Bauteile spielen eine größere Rolle. Ein normgerecht errichtetes Fertighaus aus Holz kann daher eine ebenso günstige oder sogar günstigere Prämie erhalten als ein mangelhaft gebautes Massivhaus. Es lohnt sich immer, Angebote verschiedener Versicherer einzuholen und die spezifischen Merkmale des Hauses anzugeben.

Eine fachgerechte Wärmedämmung vermindert maßgeblich das Schimmelrisiko, denn mit ihr bleiben die Innenseiten der Wände warm. So wird vermieden, dass sich Feuchtigkeit aus der Luft auf ihnen niederschlägt.

– Markus Weißert, Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade Baden-Württemberg

Die viel relevantere finanzielle Gefahr liegt nicht in der Versicherungsprämie, sondern in den potenziellen Kosten durch Bauschäden aufgrund von Feuchtigkeit. Ein falsch geplanter, nicht diffusionsoffener Wandaufbau kann zu Schimmel und Fäulnis in der Holzkonstruktion führen. Solche Schäden sind oft nicht oder nur teilweise von der Standard-Gebäudeversicherung gedeckt und können Sanierungskosten im fünf- bis sechsstelligen Bereich verursachen. Die Investition in eine sorgfältige bauphysikalische Planung und die Verwendung der richtigen Materialien ist somit die beste Versicherung gegen die wahren finanziellen Risiken im Holzbau.

Die Auseinandersetzung mit dem diffusionsoffenen Bauen zeigt, dass hinter dem einfachen Mythos der „atmenden Wand“ eine komplexe, aber beherrschbare Physik steht. Durch die bewusste Wahl und Kombination von Materialien schaffen Sie nicht nur ein Haus, das vor Schimmel und Bauschäden geschützt ist, sondern auch ein Heim mit einem nachweislich gesünderen und angenehmeren Raumklima. Um diese Prinzipien erfolgreich in die Praxis umzusetzen, ist der nächste Schritt die detaillierte Planung mit einem erfahrenen Architekten oder Holzbaubetrieb, der diese bauphysikalischen Zusammenhänge versteht und beherrscht.

Geschrieben von Lena Vogel, Baubiologin (IBN) und Malermeisterin mit Fokus auf wohngesunde Materialien und Schimmelprävention. Expertin für natürliche Dämmstoffe, Lehmbau und Raumluftanalytik seit über 15 Jahren.