Veröffentlicht am März 11, 2024

Ja, eine Wärmepumpe kann auch in vielen Altbauten mit normalen Heizkörpern hocheffizient arbeiten, wenn die Systemtemperatur unter 55°C gehalten werden kann.

  • Der entscheidende Faktor ist nicht das Baujahr, sondern die Vorlauftemperatur Ihres Heizsystems.
  • Gezielte, kleine Maßnahmen wie der Austausch einzelner Heizkörper sind oft wirksamer als eine teure Komplettsanierung.

Empfehlung: Führen Sie an einem kalten Tag einen einfachen Test durch, um die maximal nötige Vorlauftemperatur Ihres Hauses zu ermitteln, bevor Sie hohe Summen investieren.

Die steigenden Gas- und Ölpreise sowie die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) setzen viele Besitzer von Altbauten unter Druck. Der Wunsch, auf eine zukunftssichere und umweltfreundliche Wärmepumpe umzusteigen, ist groß. Doch ebenso groß ist die Verunsicherung, genährt von dem weitverbreiteten Mythos: „Eine Wärmepumpe funktioniert nur in einem top-gedämmten Neubau mit Fußbodenheizung.“ Diese Vorstellung führt oft zu einer teuren Schockstarre – der Angst vor einer unbezahlbaren Komplettsanierung, die den Abriss von Böden und Wänden bedeutet.

Doch was, wenn dieser Alles-oder-Nichts-Ansatz falsch ist? Was, wenn die wahre Effizienz einer Wärmepumpe weniger vom Alter Ihres Hauses abhängt, sondern vielmehr von der Intelligenz Ihres bestehenden Heizsystems? Die Wahrheit ist komplexer und oft ermutigender, als man denkt. Es geht nicht darum, Ihr Haus von Grund auf neu zu erfinden, sondern darum, es gezielt zu verstehen und zu ertüchtigen. Der Schlüssel liegt darin, die tatsächlichen Anforderungen Ihres Gebäudes zu diagnostizieren und mit chirurgischer Präzision die wenigen, aber entscheidenden Schwachstellen zu beheben. Dieser pragmatische Weg spart nicht nur enorme Kosten, sondern macht den Umstieg für weitaus mehr Bestandsgebäude realistisch als allgemein angenommen.

Dieser Artikel führt Sie durch einen realistischen Entscheidungsprozess. Wir entmystifizieren die technischen Hürden, zeigen Ihnen, wie Sie Ihr eigenes System analysieren, und beleuchten, welche Maßnahmen wirklich notwendig sind – und welche nicht. Sie werden lernen, die Effizienzschwelle Ihres Hauses zu identifizieren und die richtigen Fragen zu stellen, um eine fundierte Entscheidung für die Zukunft Ihrer Heizung zu treffen.

Warum 55 Grad Vorlauftemperatur die magische Grenze für die Effizienz sind

Die wichtigste Kennzahl für den wirtschaftlichen Betrieb einer Wärmepumpe ist die Jahresarbeitszahl (JAZ). Sie beschreibt, wie viele Einheiten Wärme die Pumpe aus einer Einheit Strom erzeugt. Eine JAZ von 3 bedeutet, dass 1 kWh Strom in 3 kWh Wärme umgewandelt wird. Der entscheidende Hebel für eine hohe JAZ ist eine möglichst niedrige Vorlauftemperatur – also die Temperatur des Wassers, das zu Ihren Heizkörpern fließt. Unter 55 Grad Celsius arbeiten die meisten Wärmepumpen effizient. Steigt die Temperatur dauerhaft darüber, bricht die Effizienz ein, und die Stromkosten explodieren, weil ein elektrischer Heizstab zugeschaltet werden muss.

Entgegen der landläufigen Meinung ist nicht das Baujahr des Hauses der entscheidende Faktor, sondern ausschließlich diese Systemtemperatur. Eine wegweisende Studie des Fraunhofer ISE zu Wärmepumpen in Bestandsgebäuden hat gezeigt, dass die erreichte Effizienz kaum vom Alter des Gebäudes abhängt. Die Messungen ergaben eine durchschnittliche JAZ von 3,1 für Luft-Wasser-Wärmepumpen in verschiedensten, auch unsanierten Häusern. Die entscheidende Frage lautet also nicht „Wie alt ist mein Haus?“, sondern „Komme ich auch an kalten Tagen mit 55 Grad oder weniger aus?“. Glücklicherweise können Sie dies mit einem einfachen Test selbst herausfinden.

Ihr Plan zum Selbsttest: Finden Sie die Effizienzschwelle Ihres Hauses

  1. Vorbereitung: Warten Sie auf einen wirklich kalten Wintertag mit Temperaturen unter 0°C.
  2. Einstellung: Begrenzen Sie die maximale Vorlauftemperatur Ihrer bestehenden Heizung im Einstellungsmenü auf 55°C. Bei älteren Anlagen kann dies ein Fachmann für Sie tun.
  3. Testphase: Drehen Sie die Thermostate in allen wichtigen Wohnräumen voll auf (Stufe 5).
  4. Analyse: Wird es über mehrere Stunden angenehm warm in Ihren Räumen (z.B. 21°C)? Perfekt! Ihr System ist höchstwahrscheinlich wärmepumpentauglich.
  5. Nächster Schritt: Bleiben einzelne Räume kühl, notieren Sie welche. Oft reicht der Austausch von nur wenigen, unterdimensionierten Heizkörpern gegen größere Modelle (z.B. Typ 22 oder 33), um das Problem zu lösen, ohne das ganze Haus umbauen zu müssen.

Praxismessungen untermauern diese Hoffnung: Im Forschungsprojekt „WPsmart im Bestand“ lagen die maximal erforderlichen Vorlauftemperaturen selbst für Außenluft-Wärmepumpen im Schnitt bei nur 44°C. Dies zeigt, dass viele Altbauten bereits über ein System verfügen, das besser ist als sein Ruf.

Wie verhindern Sie, dass Ihre Wärmepumpe überdimensioniert ist und ständig taktet?

Ein häufiger und kostspieliger Fehler bei der Modernisierung ist eine überdimensionierte Wärmepumpe. Installateure neigen aus Angst vor Kundenbeschwerden dazu, die Leistung „mit Sicherheitsaufschlag“ zu planen. Das Resultat ist eine Anlage, die selbst an kalten Tagen nur kurz läuft und sich dann wieder abschaltet. Dieses ständige An- und Ausschalten, genannt „Takten“, ist für eine Wärmepumpe Gift. Es ist vergleichbar mit einem Auto, das nur im Stop-and-Go-Verkehr fährt: Der Verschleiß der Bauteile (insbesondere des Kompressors) steigt massiv, die Lebensdauer sinkt, und die Effizienz bricht zusammen, weil bei jedem Startvorgang Energie verloren geht.

Die Wurzel des Übels ist fast immer eine fehlende oder fehlerhafte Heizlastberechnung. Eine Schätzung „über den Daumen“ basierend auf der alten Öl- oder Gasheizung ist unzureichend. Bestehen Sie bei jedem Angebot auf eine detaillierte Heizlastberechnung nach DIN EN 12831. Nur diese Berechnung ermittelt präzise, wie viel Heizleistung Ihr Gebäude bei der kältesten zu erwartenden Außentemperatur wirklich benötigt. Dies ist die Grundlage für die Auswahl einer passgenauen Wärmepumpe. Die Investition in diese Berechnung (einige hundert Euro) amortisiert sich durch die Vermeidung von Folgekosten und Effizienzverlusten um ein Vielfaches.

Schema des hydraulischen Abgleichs mit Pufferspeicher bei einer Wärmepumpe zur Effizienzsteigerung.

Ein weiterer entscheidender Baustein für einen taktfreien Betrieb ist der hydraulische Abgleich. Dabei wird sichergestellt, dass durch jeden einzelnen Heizkörper genau die richtige Menge an warmem Wasser fließt. Ohne diesen Abgleich werden die Heizkörper in der Nähe der Pumpe überversorgt, während weit entfernte kalt bleiben. Das führt dazu, dass die Pumpe ineffizient gegen Widerstände ankämpft. Ein korrekt dimensionierter Pufferspeicher kann ebenfalls helfen, die Taktung zu reduzieren, indem er überschüssige Wärme zwischenspeichert und bei Bedarf abgibt, was der Wärmepumpe längere, gleichmäßigere Laufzeiten ermöglicht.

Luft oder Erde: Lohnt sich die teure Bohrung für Erdwärme langfristig?

Bei der Wahl der Wärmequelle stehen Altbaubesitzer vor einer strategischen Entscheidung: die günstigere Luft-Wasser-Wärmepumpe oder die teurere, aber potenziell effizientere Sole-Wasser-Wärmepumpe (Erdwärme)? Luft-Wasser-Wärmepumpen entziehen der Umgebungsluft Energie, während Erdwärmepumpen die konstantere Temperatur des Erdreichs nutzen, entweder über eine Tiefenbohrung oder Flächenkollektoren. Der entscheidende physikalische Vorteil der Erdwärme: Selbst an eiskalten Wintertagen hat das Erdreich in einigen Metern Tiefe noch eine Temperatur von ca. 8-12°C. Eine Luft-Wasser-Pumpe muss hingegen bei -10°C Außentemperatur eine viel größere Temperaturdifferenz überwinden, was mehr Strom kostet.

Dieser Vorteil schlägt sich direkt in der Effizienz nieder. Feldmessungen zeigen, dass Erdwärmepumpen eine durchschnittliche Jahresarbeitszahl (JAZ) von 4,1 erreichen, während Luftwärmepumpen im Schnitt bei 3,1 liegen. Das bedeutet, eine Erdwärmepumpe erzeugt aus der gleichen Menge Strom rund 30% mehr Wärme. Doch diesem Effizienzvorteil stehen deutlich höhere Anfangsinvestitionen gegenüber, vor allem durch die kostspielige Tiefenbohrung. Die Frage ist also: Rechnet sich das über die Lebensdauer der Anlage?

Die folgende Tabelle stellt die Gesamtkosten (Total Cost of Ownership) beider Systeme über einen Zeitraum von 20 Jahren gegenüber. Sie berücksichtigt nicht nur die Anschaffung, sondern auch Installation, Förderungen und die laufenden Stromkosten.

Vergleich der Gesamtkosten: Luft- vs. Erdwärmepumpe im Altbau
Kriterium Luft-Wasser-Wärmepumpe Sole-Wasser-Wärmepumpe
Anschaffungskosten 12.000-19.000 € 15.000-25.000 €
Installationskosten 2.000-5.000 € 8.000-15.000 € (inkl. Bohrung)
JAZ (Durchschnitt) 3,1 4,1
Jährliche Stromkosten (150qm) ca. 1.200 € ca. 900 €
BAFA-Förderung bis 40% bis 45% (inkl. Effizienzbonus)

Die Analyse zeigt: Obwohl die Erdwärmepumpe in der Anschaffung und Installation deutlich teurer ist, kann sie sich durch die niedrigeren jährlichen Stromkosten und die höhere staatliche Förderung (BAFA) über die Jahre amortisieren. Die Entscheidung hängt stark von den individuellen Gegebenheiten ab: Ist eine Bohrung auf dem Grundstück überhaupt möglich und genehmigungsfähig? Wie hoch ist der tatsächliche Wärmebedarf? Für Häuser mit hohem Wärmebedarf ist die langfristige Ersparnis durch die höhere Effizienz der Erdwärme oft der entscheidende Faktor.

Der Fehler beim Aufstellort, der zum Nachbarschaftsstreit wegen Lärm führt

Ein Aspekt, der bei der Planung einer Luft-Wasser-Wärmepumpe oft sträflich vernachlässigt wird, ist die Lärmemission der Außeneinheit. Der Ventilator, der die Luft ansaugt, erzeugt ein Geräusch, das – falsch platziert – zur permanenten Belästigung für Sie und Ihre Nachbarn werden kann. Ein schwelender Nachbarschaftsstreit wegen Lärmbelästigung ist das Letzte, was man sich nach einer teuren Modernisierung wünscht. Moderne Geräte sind zwar deutlich leiser geworden, doch die Physik lässt sich nicht überlisten. Eine korrekt eingestellte Luft-Wasser-Wärmepumpe ist mit einer Lautstärke zwischen 48 und maximal 63 Dezibel im Betrieb nicht lauter als ein moderner Kühlschrank oder ein leises Gespräch. Das Problem ist nicht die absolute Lautstärke, sondern der falsche Aufstellort, der den Schall verstärkt und gezielt in eine Richtung lenkt.

Der größte Fehler ist die Installation in schallharten Ecken, direkt an einer Hauswand oder unter einem Vordach. Diese „Schalltrichter“ reflektieren die Geräusche und können den wahrgenommenen Lärmpegel erheblich erhöhen. Ebenso kritisch ist die direkte Ausrichtung des Ventilators auf das Schlafzimmerfenster des Nachbarn. In Deutschland regelt die TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) die zulässigen Immissionsrichtwerte. In reinen Wohngebieten dürfen nachts an der Grundstücksgrenze 35 dB(A) nicht überschritten werden – ein Wert, der bei unbedachter Planung schnell erreicht ist.

Außeneinheit einer Wärmepumpe im Garten, strategisch hinter einer Hecke als natürlichem Schallschutz platziert.

Eine sorgfältige Planung des Aufstellortes ist daher unerlässlich. Eine freie Aufstellung mit ausreichend Abstand zu Wänden und die Nutzung natürlicher Barrieren sind die effektivsten Mittel zur Lärmminderung. Hier sind die wichtigsten Regeln für einen friedlichen Betrieb:

  • Halten Sie den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand von drei Metern zur Grundstücksgrenze ein (Vorgabe der jeweiligen Landesbauordnung prüfen!).
  • Vermeiden Sie die Aufstellung in Ecken, Nischen oder direkt unter Vordächern, um Schallreflexionen zu minimieren.
  • Planen Sie eine dichte Hecke oder einen kleinen Wall als natürlichen Schallschutz zwischen der Außeneinheit und dem Nachbargrundstück.
  • Positionieren Sie die Einheit so, dass die Ausblasseite nicht auf sensible Bereiche wie Terrassen oder Fenster zeigt.
  • Bei engen Platzverhältnissen, wie in Reihenhaussiedlungen, kann eine Split-Wärmepumpe eine leisere Alternative sein, da der laute Kompressor im Innenbereich untergebracht ist.

Wann macht ein Hybrid-System aus Gas und Wärmepumpe im ungedämmten Haus Sinn?

Für Besitzer von sehr alten, unsanierten Häusern mit hohem Energiebedarf und alten Heizkörpern kann der Sprung zu einer reinen Wärmepumpen-Lösung eine zu große Hürde sein. Wenn der Heizkurven-Test ergibt, dass an sehr kalten Tagen Vorlauftemperaturen von über 60°C benötigt werden, wäre eine allein arbeitende Wärmepumpe unwirtschaftlich. In genau diesem Szenario entfaltet die Hybridheizung ihre Stärke. Sie ist der pragmatische Kompromiss, der das Beste aus zwei Welten vereint: Eine Wärmepumpe deckt die Grundlast des Wärmebedarfs über weite Teile des Jahres hocheffizient ab, während die bestehende (oder eine neue) Gas- oder Ölheizung nur an den wenigen, extrem kalten Tagen als Spitzenlastkessel einspringt.

Das Prinzip ist intelligent: Eine moderne Regelung entscheidet automatisch, welcher Wärmeerzeuger gerade am wirtschaftlichsten oder ökologischsten läuft. Im Frühling, Herbst und an milden Wintertagen, also an etwa 80-90% der Heizperiode, arbeitet ausschließlich die Wärmepumpe mit hoher Effizienz. Nur wenn die Außentemperatur unter einen vordefinierten Wert fällt (z.B. 0°C oder -5°C), an dem die Wärmepumpe an ihre Effizienzgrenze stößt, schaltet sich die fossile Heizung für wenige Stunden oder Tage zu. So wird der teure und ineffiziente Betrieb des elektrischen Heizstabs vermieden.

Dieser Ansatz bietet enorme Vorteile für den Übergang. Die Anfangsinvestition ist oft geringer, da die vorhandene Heizung weitergenutzt werden kann. Sie machen sich sofort zu einem großen Teil unabhängig von fossilen Brennstoffen und senken Ihre CO₂-Emissionen erheblich. Studien zeigen, dass selbst in diesem kombinierten Betrieb die CO₂-Emissionen um 19 bis 57% niedriger sind als bei einer reinen Gas-Brennwertheizung. Das Hybridsystem ist somit eine ideale Brückentechnologie. Sie ermöglicht es, sofort mit dem Umstieg zu beginnen und das Gebäude später schrittweise (z.B. durch Fenstertausch oder Teildämmung) weiter zu ertüchtigen, bis eines Tages die Gasheizung komplett abgeschaltet werden kann.

Wärmepumpe oder Fernwärme: Was drückt den Primärenergiebedarf rechnerisch tiefer?

Im Rahmen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist nicht nur die Effizienz vor Ort entscheidend, sondern auch der Primärenergiefaktor (PEF). Diese Kennzahl bewertet, wie viel Energie ursprünglich aufgewendet werden musste, um eine Einheit Endenergie (Strom, Gas, Fernwärme) bei Ihnen zu Hause bereitzustellen. Er ist sozusagen der „CO₂-Rucksack“ eines Energieträgers. Je niedriger der PEF, desto umweltfreundlicher wird die Heizung vom Gesetzgeber eingestuft. Für die Erfüllung der GEG-Anforderungen ist dieser Wert oft entscheidend. Doch wie schneidet eine Wärmepumpe im Vergleich zur oft als Alternative genannten Fernwärme ab?

Auf den ersten Blick scheint die Sache klar: Der Primärenergiefaktor für den allgemeinen Strommix ist im GEG pauschal mit 1,8 festgelegt, während Erdgas bei 1,1 liegt. Fernwärme kann, je nach Erzeugungsart, extrem gut (z.B. 0,0 bei reiner Geothermie) oder auch schlechter (z.B. > 0,7 bei hohem Gasanteil im Heizkraftwerk) abschneiden. Hier kommt jedoch die Effizienz der Wärmepumpe ins Spiel: Sie wandelt eine Einheit Strom in mehrere Einheiten Wärme um. Der tatsächliche Primärenergiebedarf für die Heizwärme berechnet sich daher aus dem PEF des Stroms geteilt durch die Jahresarbeitszahl (JAZ). Bei einer realistischen JAZ von 3,0 ergibt sich für die Wärmepumpe ein effektiver PEF von 1,8 / 3,0 = 0,6. Damit ist sie rechnerisch deutlich klimafreundlicher als eine moderne Gasheizung (PEF 1,1) und schlägt auch viele Fernwärmenetze, die noch stark auf fossilen Brennstoffen basieren.

Die Entscheidung ist daher stark vom lokalen Angebot abhängig. Ist in Ihrer Kommune ein Fernwärmenetz verfügbar, das nachweislich mit einem sehr niedrigen Primärenergiefaktor (z.B. unter 0,5) betrieben wird, kann es eine sehr gute Alternative sein. In den meisten Fällen bietet eine effizient laufende Wärmepumpe jedoch die bessere Primärenergiebilanz und zudem eine größere Unabhängigkeit vom lokalen Versorger. Wie das Fraunhofer ISE betont, ist die Wahl der richtigen Technologie für die Wärmewende zentral:

Für die Wärmewende ist dies jedoch zentral, denn ihr Erfolg hängt maßgeblich von der Sanierung des Gebäudebestandes und dem Einsatz einer klimaschonenden Wärmebereitstellung ab. Der Gebäudebestand benötigt rund 30 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland.

– Fraunhofer ISE, Abschlussbericht WPsmart im Bestand

Wie kombinieren Sie Wärmepumpe und PV, um den Primärenergiebedarf drastisch zu senken?

Die Kombination einer Wärmepumpe mit einer eigenen Photovoltaik-Anlage (PV) ist die Königsklasse der energetischen Sanierung im Altbau. Sie verwandelt den größten Nachteil der Wärmepumpe – den Stromverbrauch – in ihren größten Vorteil. Der auf dem eigenen Dach erzeugte Solarstrom ist mit Gestehungskosten von rund 10-12 Cent pro Kilowattstunde unschlagbar günstig. Vergleicht man dies mit Netzstrom, der selbst bei dynamischen Tarifen im Mittel oft über 27 Cent/kWh kostet, wird das enorme Sparpotenzial deutlich. Jeder Anteil des Wärmepumpenstroms, der durch eigenen PV-Strom gedeckt wird (Eigenverbrauchsanteil), senkt die Heizkosten direkt und macht Sie unabhängiger von den Schwankungen des Strommarktes.

Doch die wahre Magie liegt in der intelligenten Steuerung. Moderne Wärmepumpen verfügen über eine sogenannte „SG-Ready“-Schnittstelle (Smart Grid Ready). Diese ermöglicht es einem externen Energiemanagementsystem (EMS), die Wärmepumpe gezielt dann zu aktivieren, wenn ein Überschuss an günstigem Solarstrom vorhanden ist. Anstatt den wertvollen Strom für wenige Cent ins Netz einzuspeisen, wird er genutzt, um den Pufferspeicher oder den Warmwasserspeicher auf eine höhere Temperatur aufzuladen. Das Gebäude selbst wird so zu einem thermischen Speicher. Die gespeicherte Wärme kann dann in den Abend- und Nachtstunden genutzt werden, wenn die Sonne nicht scheint und der Netzstrom teuer ist.

Um dieses Potenzial maximal auszuschöpfen, sind einige Schritte bei der Planung entscheidend:

  • PV-Strom priorisieren: Das Energiemanagementsystem muss so konfiguriert werden, dass der Betrieb der Wärmepumpe und die Warmwasserbereitung bevorzugt in den Mittagsstunden mit PV-Überschuss stattfinden.
  • SG-Ready nutzen: Achten Sie darauf, dass sowohl die Wärmepumpe als auch der Wechselrichter der PV-Anlage über eine kompatible Schnittstelle zur intelligenten Kommunikation verfügen.
  • Speicher intelligent laden: Anstatt den Warmwasserspeicher konstant auf 50°C zu halten, kann er bei Solarüberschuss gezielt auf 60-65°C überhitzt werden, um eine größere Energiemenge für die Nacht zu speichern.
  • System als Ganzes denken: Die Kombination von Wärmepumpe, PV-Anlage und idealerweise einem Batteriespeicher maximiert die Autarkie und die CO₂-Einsparungen, was ein annähernd klimaneutrales Heizen und Wohnen ermöglicht.

Diese Kombination senkt nicht nur die Betriebskosten, sondern verbessert auch den Primärenergiefaktor Ihres Gebäudes dramatisch. Selbst erzeugter und verbrauchter Strom hat einen PEF von 0,0. Je höher Ihr Eigenverbrauchsanteil, desto näher rückt Ihr Altbau rechnerisch an den Standard eines Effizienzhauses.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Wärmepumpe im Altbau ist möglich, wenn die Vorlauftemperatur unter 55°C bleibt – ein einfacher Test gibt Aufschluss.
  • Die exakte Heizlastberechnung nach DIN EN 12831 ist wichtiger als die Marke der Wärmepumpe, um teures „Takten“ zu vermeiden.
  • Die Kombination mit einer eigenen PV-Anlage ist der größte Hebel, um die Betriebskosten drastisch zu senken und Autarkie zu gewinnen.

Wie sparen Sie im Frühling und Herbst 100% Gas durch solare Heizungsunterstützung?

Der Begriff „solare Heizungsunterstützung“ wird oft mit großen Solarthermie-Anlagen auf dem Dach assoziiert. Doch das Grundprinzip – die Nutzung kostenloser Sonnenenergie – ist die eigentliche Kernkompetenz jeder Luft-Wasser-Wärmepumpe. Gerade in der sogenannten Übergangszeit, also im Frühling und Herbst, spielt sie ihre Stärken voll aus. In diesen Monaten sind die Außentemperaturen moderat, oft zwischen 5°C und 15°C. Unter diesen Bedingungen arbeiten Wärmepumpen extrem effizient. Der Grund ist einfach: Der „Temperaturhub“, also die Differenz zwischen der Temperatur der Luft und der benötigten Vorlauftemperatur, ist sehr gering. Dies führt zu beeindruckend hohen Arbeitszahlen (oft über 4 oder 5).

Genau in dieser Zeit läuft eine konventionelle Gas- oder Ölheizung besonders ineffizient. Sie muss ständig für einen geringen Wärmebedarf anspringen, was zu häufigem Takten und einem schlechten Wirkungsgrad führt. Eine Wärmepumpe hingegen kann in diesen Phasen den gesamten Wärmebedarf des Hauses für Heizung und Warmwasser mit minimalem Stromaufwand decken. Dies ist der Zeitraum, in dem Sie, falls Sie ein Hybridsystem betreiben, faktisch 100% Ihres fossilen Brennstoffs einsparen. Die alte Heizung bleibt komplett aus. Studien bestätigen, dass die höchste Effizienz von Wärmepumpen bei Temperaturen knapp über null Grad Celsius erreicht wird – also genau dann, wenn am häufigsten geheizt wird.

Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, ist eine gut eingestellte Heizkurve entscheidend. Sie sorgt dafür, dass die Wärmepumpe die Vorlauftemperatur dynamisch an die Außentemperatur anpasst und nicht unnötig hohe Temperaturen erzeugt. In Kombination mit einer PV-Anlage wird die Übergangszeit zur profitabelsten Phase des Jahres: Der tagsüber erzeugte Solarstrom deckt den geringen Strombedarf der Wärmepumpe oft vollständig, was zu Heizkosten nahe Null führt. Die Wärmepumpe wird so zum ultimativen Werkzeug für solare Heizungsunterstützung – ganz ohne zusätzliche Kollektoren, indem sie die in der Luft gespeicherte Sonnenenergie clever nutzt.

Der Umstieg auf eine Wärmepumpe im Altbau ist kein unüberwindbares Hindernis, sondern ein Projekt, das mit Wissen und einer klugen Strategie erfolgreich gemeistert werden kann. Der erste Schritt ist nicht der Anruf beim Installateur, sondern der ehrliche Blick auf Ihr eigenes System. Führen Sie den Heizkurven-Test durch und verschaffen Sie sich Klarheit über die wahren Bedürfnisse Ihres Hauses. Eine fundierte, auf Daten basierende Entscheidung ist die beste Investition in eine sichere, kostengünstige und klimafreundliche Zukunft Ihres Zuhauses.

Geschrieben von Dr. Sabine Klein, Zertifizierte Energieeffizienz-Expertin (dena-gelistet) und promovierte Maschinenbauingenieurin mit Schwerpunkt auf regenerativen Heizsystemen und Bauphysik. Über 12 Jahre Praxis in der energetischen Fachplanung und Fördermittelberatung.